Scheuerl verliert Bündnispartner: CDU schickt Schulrebell vor die Tür
Hamburgs CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich verkündet den Rausschmiss von Walter Scheuerl. Der will als Einzelkämpfer im Parlament bleiben.
![](https://taz.de/picture/117601/14/Cyb_N4_scheuerl_mit_CDU_granden_dpa_4sp4C.jpg)
HAMBURG taz | Die Hamburger CDU hat ein Problem weniger. Am Samstag verkündete Fraktionschef Dietrich Wersich auf dem CDU-Landesparteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg, dass er dem parteilosen Abgeordneten Walter Scheuerl „nahegelegt“ habe, „nicht mehr zur Fraktion zu gehören“. Der tosende Beifall, der Wersichs Worte begleitete, machte deutlich, wie unbeliebt der einstige „Schulrebell“ Scheuerl in der Partei zuletzt war.
Scheuerl selbst erklärte daraufhin, er werde am heutigen Montag aus der Fraktion austreten. Sein Bürgerschaftsmandat wolle er jedoch behalten und künftig wieder die Interessen der Initiative „Wir wollen lernen“ vertreten. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Dora Heyenn, bezeichnete es als „Frage des Anstands“, dass Scheuerl nun auch sein Abgeordnetenmandat zurückzugeben habe.
Konkreter Anlass für den Bruch war Scheuerls Kritik an einem Papier, dass Wersich und die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Karin Prien, am Donnerstag der Öffentlichkeit präsentiert hatten. Darin waren sie auf die Volksinitiative „G9-Jetzt-HH“ zugegangen und hatten vorgeschlagen, das Hamburgs Gymnasien zukünftig selbst entscheiden sollten, ob sie ihre SchülerInnen zukünftig in acht oder neun Jahren zum Abitur führen.
Scheuerl war als Vorsitzender des Schulausschusses der Bürgerschaft in den Kurswechsel seiner Fraktion nicht eingebunden worden. Er hatte von Priens Vorstoß nach eigenem Bekunden erst am Mittwochabend erfahren. Diesen Affront konterte er über Facebook mit einer inhaltlichen Kritik. Ein Vorgehen, dass Wersich am Samstag als „verantwortungslos, inakzeptabel und illoyal“ bezeichnete.
Scheuerl hingegen inszeniert sich bei seinem Abtritt noch einmal in der Rebellenrolle. Die Hamburger CDU sei offenbar „nicht in der Lage, sachliche Kritik auszuhalten“, eine „abweichende Meinung“ werde „nicht geduldet“. Zudem sei es „ein Fehler von Herrn Wersich“, sich mit seiner Rausschmiss-Rede auf dem Parteitag „so in Szene zu setzen“. Er habe Wersich angeboten, die Scheidung mit einer „gemeinsamen Erklärung“ geräuschloser zu vollziehen, doch der habe abgelehnt.
2010 hatten Scheuerl und seine damalige Mitstreiterin Prien von der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ das gemeinsame Lernen bis Klasse sechs verhindert. Der Volksentscheid hatte das Ende der schwarz-grünen Landesregierung beschleunigt. Nach dem Koalitionsbruch präsentierten Kurzzeit-Bürgermeister Christoph Ahlhaus und der Parteichef Frank Schira plötzlich den Schulterschluss mit Scheuerl. Der Anwalt verzichtete auf die Gründung einer eigenen Partei und bekam dafür einen sicheren Listenplatz für die Bürgerschaft.
Mit Scheuerl, so hoffte die CDU, könnte das durch die schwarz-grüne Schulpolitik vergrätzte konservative CDU-Klientel wieder besänftigt werden. Doch die CDU erlitt bei der Wahl im Februar 2011 ihr schlechtestes Ergebnis. Dafür saß Scheuerl im Parlament und fiel fortan vor allem durch seine Alleingänge auf.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!