: Schertz wirft das Handtuch
■ Nach monatelangen Querelen will Polizeipräsident zurücktreten/ Grund: »Gänzlich zerstörtes Verhältnis« zum Innensenator/ SPD will Schertz im Amt behalten
Berlin. Die monatelangen Auseinandersetzungen in der Führungsspitze der Polizei haben ein vorläufiges Ende gefunden. Gestern erklärte Polizeipräsident Georg Schertz seinen Rücktritt. In einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen bat er, dem Abgeordnetenhaus seine Abwahl vorzuschlagen. Als Grund nannte Schertz das »gänzlich zerstörte« Vertrauensverhältnis zu Innensenator Dieter Heckelmann. Seit Heckelmanns Amtsantritt war das Verhältnis zwischen den beiden gespannt. Eine Zuspitzung erfuhr der Konflikt in den letzten Wochen durch den Streit um das Konzept der Kriminalitätsbekämpfung und die Vorwürfe gegen Schertz wegen dessen angeblicher Stasi-Kontakte. Diese waren zuletzt in der Zeitung 'Die Welt‘ am 31. Mai laut geworden. Schertz hatte daraufhin Innensenator Heckelmann vorgeworfen, der Öffentlichkeit den ihn entlastenden Bescheid der Gauck- Behörde vorzuenthalten. Eine zeitgerechte Veröffentlichung des dem Senator am 8. Mai 1992 bekannt gewordenen Ermittlungsergebnisses hätte »jene neuerliche Beschädigung meiner Person und damit auch des Amtes des Polizeipräsidenten vermieden«. Von seiten Innensenator Heckelmanns war bis gestern abend keine Stellungnahme zu dem Vorgang zu erhalten.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Klaus Landowsky, mochte eine »Notwendigkeit für seinen Rücktritt« nicht erkennen, zumal die öffentlich erhobenen Vorwürfe bislang unbewiesen seien. Gleichwohl verbietet, nach Landowskys Ansicht, »das berechtigte Sicherheitsinteresse der Bevölkerung«, Schertz gegen seinen Willen im Amt zu behalten. Der sicherheitspolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, erklärte hingegen, daß er von Schertz erwarte, daß er auf seinem Posten bleibe und ihn gegen die Interessen des Innensenators verteidige. Die SPD werde ihn dabei unterstützen. Schertz ist seit 1987 Polizeipräsident von Berlin. Er wurde seinerzeit auf Vorschlag der CDU gewählt. Auch sein Vorgänger Klaus Hübner war vorzeitig zurückgetreten. dr/plu/sev
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