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Scherf live in der Uni

Zur Diskussion hatte das hochschulpolitische Referat des ansonsten politisch nicht mehr vorhandenen Uni-AStA den Wissenschaftssenator Scherf in die Universität geladen, und er kam, mit dem Rad. Um viertel vor vier sollte es losgehen, im fensterlosen Uni-'Senatssaal'. Die StudentInnen, die zögernd kamen, belegten zuerst die allerletzte, dann die vorletzte Reihe, dann noch die Tischflächen hinten an der Wand, dann erst notgedrungen die vorderen Reihen, Als es schließlich losging, war der Senatssaal aber richtig voll, Interessierte standen an den Seiten bis auf den Gang, ignorierten aber die 40 Plätze auf dem Podium. Scherf („Ich komme gerne her und will keiner Debatte mit Ihnen ausweichen!“) erklärte immer wieder: Bildung ist Ländersache und geht Kohl nichts an. Das gemeinsame Papier der Kultusminister soll Bonner Geld locker machen und ist keine Handlungs-Anweisung, sondern Diskussions-Anlaß. Studiengebühren sind vom Tisch. Bei aller Rede über die Sortierung von berufsbezogenen und wissenschaftlichen Studiengängen: Fachidioten machen keinen Sinn.

Die StudentInnen hatten sich vorbereitet und wollten „kein allgemeines Gerede“, sondern Fakten, am liebsten „Garantien“ und zumindest Argumente. Ob der Senator des armen Bremen sich nicht dem Bonner Finanz-Druck beugen müsse? Ob nicht wieder der Löwenanteil Geld in Prestige-Objekte gesteckt würde statt in Infra-Struktur und Lehre? Ob man mit Noten-Selektion und Druck auf Studienzeiten die Studenten die Uni-Misere ausbaden ließe?

„Zugänge zu den hochqualifizeirten und gut finanzierten Gratuierten-Ausbildungsgängen sind Konkurrenzkampf, das ist die blanke Wahrheit“, bekannte Scherf, „da zählen natürlich Noten und Studiendauer.“ Und die dramatischen Abbrecher- Zahlen könne man nicht nur mit Nebenjobs und fehlenden Kita-Plätzen erklären: „Da ist was faul!“ Daß „die Wirtschaft“ den Politikern ihre Wünsche in die Papiere schreibe, sei schlicht „blanker Unsinn“.

Es ergab sich eine richtige Diskussion mit Zuhören und Streiten und und einigen Klärungen und viel Dissens. Der Reform-Katalog, von dem die StudentInnen senatorische „Distanzierung“ forderten, sei „dringend beratungsbedürftig“ und überhaupt nicht mit Ja oder Nein zu bescheiden, so Scherf. Und ob „nur ökonomische Zwänge“ gelten würden? Das wollte sich Scherf „gerade von einem Marxisten“ nicht vorwerfen lassen. Heiterkeit im Publikum. Andere Runden werden folgen. S.P.

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