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Schenkelklopfen im Schnoor

■ Das Packhaustheater haut mit „Freunde, Frauen, Pinguine“ volle Sahne in's Sommerloch

Männer lieben Fußball. Sie fläzen mit der Chipstüte vor dem Fernseher, das Bier auf die Lehne gestellt und grölen, wenn ihre Mannschaft ein Tor geschossen hat. Stimmt doch, oder? Männer lassen Cheeseburger zwei Monate halb gegessen in ihrem Zimmer liegen und können nicht einmal ein Iglu-Zelt aufbauen.

Sind Sie etwa anderer Meinung? Hanna Bachler, Journalistin bei Radio Bremen, ist es nicht. Männerfreundschaft ist für sie gleichbedeutend mit Chaos. Und als der schleimige Showmaster Sam Winther sie bei einem Interview auf dem Werdersee mitsamt dem Mikrofon absaufen lässt, schürt das in ihr schwere Rachegelüste: Sie will die Männer-WG von Sam und dessen Freund Kalle im Streit auseinanderbrechen lassen.

Hanna Bachler heißt im wahren Leben Heidi Jürgens, Sam Winther Stefan Schneider und Kalle eigentlich Kay Kruppa. Sie sind wahrlich keine Unbekannten mehr in der Bremer Theaterszene. Schon bei der Komödie „Von Ma(i)l zu Ma(i)l“ im letzten Sommer haben die drei mächtig abgeräumt. Autor Frank Pinkus hat die neue Sommertheater-Komödie „Freunde, Frauen, Pinguine“, die jetzt im Packhaustheater uraufgeführt wurde, extra auf das Klamauk-Trio zugeschnitten.

Man merkt es, sie ziehen wieder alle Register: Von der Biene in der Hose („Mach sie weg!“ „Aber das kannst du doch nicht von mir verlangen ...“) bis zum anrüchigen Indianertanz („Sammi, lass deine Lava fließen.“). Bemerkenswert allerdings die Leistung von Heidi Jürgens, die während der Vorstellung wohl am meisten im Stress war. Als Journalistin Hanna Bachler greift sie auf das wirksamste Mittel zurück, mit dem man Männerfreundschaften zerstören kann: Sie taucht einmal als Jessica mit roter Lockenmähne und Stirnband vor Sam auf, dann becirct sie wieder als brave blonde Verena den gutmütigen Kalle. Und die Methode zeigt Wirkung.

Heidi Jürgens spielt also, die Person der Journalistin im Oberlehrer-Look mit einbezogen, drei Rollen. Die Hälfte der Zeit verbringt sie hinter einem geflochtenen Paravent. Gleichzeitig ist sie aber auch noch die Erzählerin der Geschichte und muss, während sie sich in den rotlockigen Vamp Jessica verwandelt, das Publikum auf dem Laufenden halten. Heidi ist Jessica, Verena und Hanna und spielt alle drei Rollen so überzeugend, dass Skeptiker geflissentlich über die vielen kleinen, übertrieben gestelzten Schenkelklopfer hinwegsehen. Das Publikum im Packhaustheater tobte schon bei der Premiere. „Freunde, Frauen, Pinguine“ wird mit Sicherheit erneut in die Annalen der ausverkauften Sommertheater-Vorstellungen eingehen.

Am Ende des Spiels kommt es schließlich zum Höhepunkt der Verwechslungen, als Verena und Jessica, also Hanna, in der gemeinsamen Wohnung von Sam und Kalle kaum noch ihre Maskerade aufrecht erhalten kann. Da sitzt dann aus lauter Hektik die Perücke schief und sie erzählt von Okapi-Sushi und anderen Seltsamkeiten.

Aber, wie sollte es anders sein: Die Sache fliegt letztendlich auf. Hanna Bachler reißt sich keuchend die Perücke vom Kopf und gesteht ihre fiese Aktion. Zumindest glaubt sie da noch, dass es ihre ist. spo

Noch bis zum 15. September täglich außer montags. Beginn: 20.30 Uhr

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