Schavans Doktorvater schaltet sich ein: Eine „sehr beachtliche Leistung“
In der Plagiatsdebatte um die Bildungsministerin bekommt Schavan Unterstützung von ihrem Doktorvater. Ihre Arbeit sei „beachtlich“ und „gelungen“, sagte er.
MÜNCHEN afp | In der Debatte über ihre Dissertation hat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) Rückendeckung von ihrem Doktorvater und führenden Wissenschaftlern erhalten. Gerhard Wehle bezeichnete die von ihm betreute Arbeit in der Rheinischen Post vom Dienstag als „sehr beachtliche Leistung“. Vertreter der deutschen Wissenschaft kritisierten das Plagiatsverfahren gegen die Ministerin scharf und forderten ein Zweitgutachten.
„Die Arbeit entsprach absolut dem wissenschaftlichen Standard“, sagte der Pädagogikprofessor Wehle. Schavan habe in ihrer 1980 verfassten Dissertation einen interdisziplinären Ansatz gewählt, der damals für eine junge Studentin ein „Wagnis“ gewesen sei. Die Analyse sei „gelungen“ gewesen, sagte der Doktorvater der Ministerin.
Internet-Plagiatsjäger hatten Schavan vorgeworfen, in ihrer Arbeit zum Thema „Person und Gewissen“ weite Passagen nicht korrekt mit Quellenangaben versehen zu haben. Die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf leitete auch auf Bitte der Ministerin eine Prüfung ein. Ein Gutachter stellte nun „eine leitende Täuschungsabsicht“ fest, wie Medien unter Berufung auf einen vertraulichen Entwurf berichteten. In Schavans Arbeit sei das „charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise“ erkennbar.
Wehle sagte der Zeitung, er habe Schavan als einen „ehrlichen Menschen“ kennen gelernt. Im Übrigen dürfe eine Arbeit aus dem Jahr 1980 nicht ausschließlich nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben bewertet werden, sagte er. „Das ist nicht verhältnismäßig.“ Das nun in Teilen bekannt gewordene Gutachten der Universität kenne er indes nicht. „Die Universität hat bisher nicht mit mir gesprochen.“
Der Präsident der Humboldt-Stiftung, Helmut Schwarz, sprach in der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag von „schweren Fehlern“ in dem Prüfverfahren und forderte eine Untersuchung durch einen zweiten Gutachter. Es sei „skandalös“, dass die Öffentlichkeit vor der Betroffenen von den Vorwürfen erfahren habe, sagte Schwarz. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Matthias Kleiner, und der Chef der Helmholtz-Gemeinschaft, Jürgen Mlynek, reagierten mit ähnlichen kritischen Worten.
Der frühere DFG-Präsident Wolfgang Frühwald sagte der Zeitung, nach der Veröffentlichung des Gutachtens könnten die Gremien der Universität nun nicht mehr frei entscheiden. „Sie stehen nun unter öffentlichem Druck.“ Zum Inhalt sagte er, „weder der Vorwurf des Plagiats noch der Vorwurf der bewussten Täuschung ist durch die Untersuchung gedeckt“. Vielmehr gehe es um „handwerkliche Fehler“, die nicht so gravierend seien, dass von einem Plagiat gesprochen werden könne.
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