piwik no script img

Scharon über Arafat

Israels Regierungschef bedauert, 1982 Arafat nicht getötet zu haben. Heute könne er zum Partner werden

JERUSALEM/BERLIN rtr/afp/taz ■ Ein Interview des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon hat für Aufsehen gesorgt. Gegenüber der Zeitung Maariv bedauerte Scharon, dass der heutige Palästinenserpräsident Jassir Arafat nicht während des Libanonkrieges 1982 „eliminiert“ worden sei.

In dem Interview, das gestern in Auszügen vorlag und heute in vollem Umfang veröffentlicht wird, sagte Scharon: „Im Libanon wurde vereinbart, dass Arafat nicht eliminiert werden soll. Um die Wahrheit zu sagen: Ich bedauere, dass wir ihn nicht eliminiert haben.“ Scharon war als Verteidigungsminister 1982 für die Operationen im Libanon verantwortlich. Nach der Belagerung Beiruts mussten Arafat und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) nach Tunis flüchten. Scharons Sprecher Raanan Gissin sagte, Israel wolle heute Arafat nicht mehr beseitigen. „Israels Politik ist heute, ihn nicht persönlich zu verletzen.“ Scharon habe sogar seinen Sohn persönlich zu Arafat geschickt, um ihm zu sagen, dass Israel ihn nicht verletzen wolle.

Scharon sagte in dem Interview weiter: „Falls Arafat alle die Schritte unternimmt, die wir von ihm verlangen, wird er – soweit es mich betrifft – wieder ein Friedenspartner werden.“ Israel erwartet, dass Arafat gegen die militante Palästinensergruppen vorgeht und eine siebentägige „Ruhephase“ einhält. „Letztlich wird ein unabhängiger Palästinenserstaat geschaffen werden“, fügte Scharon hinzu. „Er wird demilitarisiert sein und nur über eine Polizei zum Schutz der öffentlichen Ordnung verfügen.“ Für einen wahren Frieden sei er bereit, auf Teile von Erez Israel zu verzichten.

In einem zweiten Interview mit der Zeitung Jediot Acharonot kündigte der Ministerpräsident an, bei seinem Besuch in Washington Anfang Februar US-Präsident George Bush zu einem Boykott Arafats bewegen zu wollen. Demgegenüber betrachtet die EU Arafat weiterhin als den einzigen legitimen Vertreter des palästinensischen Volkes. Wie Chefdiplomat Javier Solana nach einem Treffen mit US-Außenminister Colin Powell sagte, sei die Autonomiebehörde der einzige Ansprechpartner für Brüssel. Gleichzeitig verurteilte die EU gestern die Äußerungen Scharons über die unterbliebene „Eliminierung“ Arafats.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen rief am Mittwoch in New York Israel und die Palästinenser auf, zu Dialog und Verhandlungen zurückzukehren. Der destruktive und gefährliche Kreislauf der Gewalt müsse unverzüglich gestoppt werden, hieß es einer Erklärung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen