Satter Zuschlag für Radio Bremen: Die Durststrecke ist vorbei
Die ARD rettet Radio Bremen: Der Sender bekommt jährlich zehn Millionen Euro mehr aus dem Finanzausgleich.. Die Struktureinbrüche der Vergangenheit bleiben freilich bestehen.
BREMEN taz | Der „Durchbruch“ ist gelungen, jubelte der Bürgermeister, der Intendant spricht von einem „eindrucksvollen Bekenntnis zum föderalen System“ – und damit „zu den beiden kleinen Rundfunkanstalten“. Was Jens Böhrnsen und Jan Metzger – eigentlich zwei eher zurückhaltende Herren – so begeistert, ist die Einigung der Ministerpräsidenten auf eine Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen den ARD-Anstalten.
Ab 2017 gilt: Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk bekommen statt 1,0 dann 1,6 Prozent vom Finanzausgleich. Für Radio Bremen bedeutet das eine jährliche Erhöhung von rund zehn Millionen Euro auf dann 100 Millionen.
Damit seien „der drastische Sparkurs in den vergangenen zehn Jahren und die konsequente Neuausrichtung Radio Bremens anerkannt“ worden, meint Metzger. Es ist exakt ein Jahr her, dass der Landesrechnungshof in einem Sonderbericht nachwies, dass sich der Sender in einer „dramatisch schlechten finanziellen und wirtschaftlichen Situation“ befindet. Und die wurde, wohlgemerkt, vom selben Gremium herbeigeführt, dass jetzt mit seinen Spendierhosen posiert: der Ministerpräsidenten-Konferenz. Die hatte 1999, und das auch noch vor Ort in Bremen und mit Zustimmung des damaligen Bremer Bürgermeisters Henning Scherf, den bisherigen ARD-Finanzausgleich für Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk schlankweg halbiert. Mit anderen Worten: Der für 2017 in Aussicht gestellte Finanzsockel ist immer noch deutlich niedriger als vor 15 Jahren, als er bei fast zwei Prozent lag.
Die Folgen waren dramatisch. Während die Personaleinsparungen der ARD bei durchschnittlich 3,3 Prozent lagen, waren es bei Radio Bremen beinahe zehn Mal so viel: Fast ein Drittel des Personals wurde abgebaut oder ausgelagert, Radio Bremen 2 mit Genre-bildenden Formaten wie Pro Musica antica und vor allem Pro Musica nova eingespart, der Sendesaal aufgegeben, die Hörspielstudios und vieles mehr.
Und immer noch musste der Sender bis zur Grenze des Erlaubten knapsen: Der Rechnungshof beanstandete ausdrücklich die Aufnahme von Krediten zur Finanzierung laufender Ausgaben und das Anknabbern des „Deckungsstocks“, auf dem die Versorgungszahlungen der Beschäftigten basieren. Sogar die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ erklärte schon 2008 klipp und klar: „Der gegenwärtige Finanzausgleich ist nicht in der Lage, die Lebens und Funktionsfähigkeit der kleinen Anstalten sicherzustellen.“ Das ist nach Einschätzung von Metzger nun anders: Die Zukunft von Radio Bremen sei nunmehr „gesichert“, „wir werden in den kommenden Jahren etwas mehr Spielraum für unsere Programme haben“. Da sollte man ihn beim Wort nehmen.
Die Zeiten sind vorerst vorbei, in denen nicht nur süddeutsche Ministerpräsidenten, sondern auch norddeutsche Nachbarn wie Schleswig-Holsteins Regierungschefin Heide Simonis offen die Abschaffung von Radio Bremen „anregten“. Leicht gemacht wird die Kehrtwendung der Ministerpräsidenten durch die neue flächendeckende Rundfunkgebühr: Die kürzlich vorgenommene Umstellung von einer Geräte- auf eine Wohnungspauschale spült den Sendern für den Zeitraum zwischen 2013 und 2016 1,15 Milliarden mehr in die Kassen, die nun nur zum Teil durch eine Gebührensenkung um 48 Cent ausgeglichen werden.
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