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Satire-Partei will WahlwiederholungKein Witz

Eigentlich ist "Die Partei" ein Satire-Projekt. Doch nun zieht sie vor das Bundesverfassungsgericht, weil sie von der Bundestagswahl 2009 ausgeschlossen war - und könnte Chancen haben.

Die Partei hat beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag gegen die Nichtzulassung zur Bundestagswahl eingereicht. Bild: dpa

Karlsruhe dpa | Muss die Bundestagswahl 2009 wiederholt werden? Das will "Die Partei" des Satirikers Martin Sonneborn erreichen, die vom Bundeswahlausschuss nicht zur Wahl zugelassen wurde.

Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass das Bundesverfassungsgericht eine Wahlwiederholung anordnet - namhafte Verfassungsrechtler halten das Zulassungsverfahren zumindest für zweifelhaft. An diesem Montag soll die 40 Seiten starke Beschwerdeschrift des renommierten Berliner Rechtsprofessors Gunnar Folke Schuppert in Karlsruhe eingereicht werden.

"Die Partei" - eine Abkürzung von "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" - ist eigentlich ein satirisches Projekt, gegründet aus der Redaktion des Satiremagazins "Titanic", dessen ehemaliger Chefredakteur Sonneborn Parteivorsitzender und nun auch Beschwerdeführer in Karlsruhe ist.

"Die Partei" ist eine Karikatur der etablierten Parteien, mit grauen Funktionärsanzügen, roten Krawatten und leeren Phrasen. In einem Werbevideo bellt ein aufgeputschter Agitator vor einer offenbar bierdunstigen Versammlung ins Mikrofon: "Wir sind eine Partei - weil wir eine Partei sind!"

Doch so einfach sah der Bundeswahlausschuss die Sache nicht. Zwar hatte "die Partei" bereits an der Bundestagswahl 2005 teilgenommen (und dafür mit Wahlwerbespots voll Schleichwerbung Aufsehen erregt) und bei Landtagswahlen in Hamburg und Berlin Stimmenanteile von 0,3 und 0,4 Prozent erreicht - doch im vergangenen Jahr entschied der Bundeswahlausschuss, das "Die Partei" keine Partei im Sinne des Parteiengesetzes sei und deshalb nicht an der Bundestagswahl teilnehmen dürfe.

"Die Partei" habe nicht nachgewiesen, "mit ausreichender Ernsthaftigkeit das Ziel zu verfolgen, Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen und im Bundestag oder in Landtagen mitwirken zu wollen". Ein Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht blieb aus formalen Gründen ohne Erfolg - eine Nichtzulassung könne erst nach der Wahl im Wege einer Wahlprüfung angegriffen werden, so das Gericht.

Nun ist es so weit. Der Streit um die Spaßgruppierung könnte auf ernsthafte Mängel im Wahlrecht aufmerksam machen: Der Bundeswahlleiter wird vom Innenminister bestimmt; die anderen Mitglieder des Wahlausschusses stammen aus den im Bundestag vertretenen Parteien. Bereits die Wahlbeobachter der OSZE kritisierten deshalb im vergangenen Jahr, es urteilten "Mitglieder der etablierten Parteien über ihre Wettbewerber". Dieses Arrangement sei "vor Interessenskonflikten nicht gefeit".

Noch problematischer ist in Augen von Verfassungsrechtlern, dass es gegen die Entscheidungen des Wahlausschusses kein Rechtsmittel gibt. "Schließlich handelt es sich um eine Entscheidung, die für die Parteien von existenzieller Bedeutung ist", sagt der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart. Sein Kollege Martin Morlok von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sieht auch praktische Aspekte: "Wenn man vor der Wahl Rechtsschutz gewährt, steht man nicht vor dem Problem, eine Wahl gegebenenfalls wiederholen zu müssen."

Das allerdings halten die Professoren in diesem Fall für wenig wahrscheinlich: "Das Bundesverfassungsgericht stellt in solchen Fällen fest, dass die Regelungen nicht dem Grundgesetz entsprechen und fordert den Gesetzgeber auf, eine Neuregelung zu treffen", sagt Degenhart.

Sonneborn hingegen spekuliert auf Neuwahlen. Außerdem hat er noch eine Rechnung mit dem Bundeswahlleiter offen. "Wir machen das einerseits aus der Sorge um die Demokratie - andererseits, weil wir nachtragend sind."

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23 Kommentare

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  • M
    MaLi

    "ZUKUNFT FÜR ZUKUNFT"

     

    Das ist nur mit der Partei DIE PARTEI durchzusetzen, nicht mit Leuten wie Roderich Egeler & Konsorten !

  • D
    Daniel

    Das Bundesverfassungsgericht hatte es ja abgelehnt, es vor der Wahl im Eilverfahren zu entscheiden, ob die Partei antreten darf und hat auf das Wahlanfechtungsverfahren verwiesen. Eine Entscheidung, dass nur das Wahlrecht fehlerhaft ist, wird deswegen der Sache nicht gerecht. Wenn man den verfassungsrechtlichen Grundsatz auf effektiven Rechtsschutz ernstnimmt, muss das Gericht darüber entscheiden, ob der Bundeswahlleiter der Partei die Zulassung verweigern durfte. Und wenn das verneint wird, darf es eigentlich keine andere Entscheidung geben, als die Wahl für ungültig zu erklären - alles andere würde nicht nur den Grundrechtsschutz ins Leere laufen; sondern es ist auch mit den Prinzipien demokratischer Wahlen unvereinbar, wenn eine Wahl Bestand haben soll, obwohl die Wahlmöglichkeiten zu Unrecht eingeschränkt. Deswegen ist es bei Wahlämtern und Wahlen zu Gremien innerhalb Körperschaften öffentlichen Rechts gar nicht mal so selten, dass schon eine Ungleichbehandlung zwischen Bewerbern zu einer Ungültigkeit einer Wahl führen, so etwa bei einer Wahl zur Gleichstellungsbeauftragten beim BND (auf der Internetseite des Bundesverwaltungsgerichts) zu finden. Vielleicht gibt es zur Linie des Bundesverfassungsgericht bei gewöhnlichen Unregelmäßigkeiten, darauf abzustellen, dass es nicht sonderlich wahrscheinlich ist, dass sich die Sitzverteilung ändern, keine Alternative, weil sonst möglicherweise keine Bundestagswahl gültig wäre.

     

    Wenn aber ein Wahlvorschlag zu Unrecht nicht zugelassen wurde, kann es meiner Meinung nach nur eine Lösung geben: Die Wahl ist für ungültig zu erklären.

     

    Aber selbst wenn auf Mandatsrelevanz abgestellt werden soll, wäre erst einmal zu beweisen, dass es ausgeschlossen ist, dass Stimmverluste anderer Parteien sich nicht auf die Verteilung der Sitze an die Landeslisten hätten auswirken können. Wer sagt denn, dass zum Beispiel Protestwähler statt der Linkspartei nicht möglicherweise auch die PARTEI gewählt hätten?

  • W
    Wähler

    Ich bin für die Partei und daher sehr für Neuwahlen und weiters auch dafür, im Falle einer Verneinung dieser Neuwahl durch das Bundesverfassungsgericht auf dem Wege des Bürgerbegehrens, der Volksabstimmung oder zur Not einer kleinen Revolution auf diese Neuwahl zu bestehen.

    Damit's nicht wieder heisst "die sind ja bloss dagegen!"

  • MB
    Mr. Bungle

    btw....

     

    ["Die Partei" habe nicht nachgewiesen, "mit ausreichender Ernsthaftigkeit das Ziel zu verfolgen, Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen und im Bundestag oder in Landtagen mitwirken zu wollen".]

     

    Wenn die Klage beim BVG Erfolg hat (am ehesten bzgl. einer Reform des Zulassungsverfahren), dann wäre die Begründung des Bundeswahlleiters von der höchsten Rechtsinstanz widerlegt.

     

    Und ich müsste mich bei der nächsten Wahl nicht schon wieder zwischen Pest und Cholera entscheiden müssen.

  • G
    grünspan

    Mit der Begründung könnte man doch auch mal gut und locker die Zulassung der NPD verweigern oder will irgendwer behaupten, das die "mit ausreichender Ernsthaftigkeit das Ziel verfolgen, Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen und im Bundestag oder in Landtagen mitwirken zu wollen".

    Das Kaspertheater, das die in den Landtagen veranstalten, wo sie leider vertreten sind, kann man ja wohl kaum als Beitrag zur politischen Willensbildung bezeichnen. Es dient allenfalls für Steilvorlagen für die Hitler Satire bei ExtraDrei.

  • AR
    Abdul Rashit Aman der Dritte

    Der Apfel wird in die Glaskuppel einziehen, er wird leuchten und jeder wird mal hineinbeißen wollen. Wehen wird die Fahne des Apfels und alle werden sehen wie die Partei des Apfels auch die letzte Birne veräppelt!

  • J
    Jay

    Also wenn Sonneborn und Co. eine Neuwahl durchsetzen, dann gehe ich auch mal wieder wählen.

  • T
    Tania

    Mir ist echte Satire in der Politik lieber als Realsatiere, deshalb her mit der Partei! Satire bildet übrigens ungemein, da sie Misstände deutlich macht, wenn man dann noch dabei Lachen kann, um so besser. Politiker schwafeln nur noch, ich mag es lieber lustig als langweilig.

  • D
    deviant

    @eurotanic

     

    Wenn das von Volker Pispers ist, dann hat der es von Georg Schramm geklaut...

  • E
    EuroTanic

    "'Wenn Sonneborns Partei "keine Partei" ist, weil sie angeblich nur Klamauk macht und nicht ernsthaft daran interessiert sein soll, sich für die Interessen ihrer Wähler einzusetzen - was ist dann die FDP?'"

     

    "Guido Westerwelle ist keine Comic Figur, den gibt es wirklich" Volker Pispers

  • RD
    Richard Detzer

    Ich will auch ein grauen Anzug. :)

  • D
    danelj

    @GonZoo

     

    'Wenn Sonneborns Partei "keine Partei" ist, weil sie angeblich nur Klamauk macht und nicht ernsthaft daran interessiert sein soll, sich für die Interessen ihrer Wähler einzusetzen - was ist dann die FDP?'

     

    Naja, daß die FDP sich nicht für ihre Wähler einsetzt kann man nun wirklich nicht behaupten. Im Gegenteil, es gibt wohl kaum eine Partei die so unverhohlen Klientelpolitik betreibt. Wer natürlich ohnezu dieser Klientel zu gehören FDP wählt hat es ohnehin nicht anders verdient...

  • J
    Justin

    "Die Partei" ist keine Spaß- sondern eine Satirepartei, die sich der Überzeichnung bedient. Das mag komisch wirken, leider zeigt sie durch ihr Verhalten nur auf, was viele etablierte tatsächlich tun.

  • T
    T.V.

    Rejkjavik hat's vorgemacht. Komiker sind die besseren Politiker!

  • D
    deviant

    >> Pour la Demokratie: Die PARTEI vs. Bundesrepublik Deutschland!

     

     

    Der Bundesvorstand der PARTEI erklärt heute (24.11.2010) folgendes:

     

    "Bundestagspräsident Lammert hat den Einspruch der PARTEI gegen die Bundestagswahl 2009 zurückgewiesen. Selbstverständlich fechten wir dieses unseriöse Vorgehen vor dem Bundesverfassungsgericht an. Wir klagen auf eine Wiederholung der Bundestagswahl – und sehen im Urteil des höchsten deutschen Gerichts eine gute Möglichkeit für die Bundesrepublik, sich des Problems der FDP auf eine elegante Weise zu entledigen."

  • A
    Amos

    Bei diesem Riesenkindergarten der Parteien kann man auch ohne Bedenken eine "Klamaukpartei" zulassen.Vielleicht kommt da mal Stimmung auf im Bundestag der Arschkriecher der Lobbyisten.

  • G
    Gerri

    "Wir machen das einerseits aus Sorge um die Demokratie, andererseits, weil wir nachtragend sind." Zu köstlich! *abroll

  • H
    hotzenplotz

    Die Partei, die Partei, die hat immer recht.....

  • B
    broxx

    Mein billiger grauer Anzug (49€) hängt noch im Schrank-wenn die Partei neben unserem Bundeshosenanzug sitzt werde ich ihn mit Stolz tragen!

  • M
    Mat

    Neuwahlen... Das wäre der Brüller und für die Regierung verheerend!

  • S
    sehrparteiisch

    ,,Die Partei" ist furchterregend ... stellt euch vor: Mensch würde sie wählen - - - :-D

  • G
    GonZoo

    Wenn Sonneborns Partei "keine Partei" ist, weil sie angeblich nur Klamauk macht und nicht ernsthaft daran interessiert sein soll, sich für die Interessen ihrer Wähler einzusetzen - was ist dann die FDP? Und wieso wurde die härteste Satire auf die parlamentarische Demokratie dann zur Wahl zugelassen, obwohl ihr Vorsitzender doch nur die zynische Verkörperung eines Lobbyisten öffentlich darstellt?

  • P
    parteianhaenger

    Die Partei ist die Partei, weil die übrigen deutschen Parteien keine Parteien mehr sind ...