Sarah Wiener Die Zutat :
Ursprünglich kommt sie aus Südamerika und hat es sich sicher nicht erträumen lassen, in den norddeutschen Tiefebenen zu dem Repräsentanten deutscher Esskultur schlechthin zu mutieren: die Kartoffel.
Sie ist ein Nachtschattengewächs, weil ihre Knollen eben die Nacht oder den Schatten brauchen, um genießbar zu werden. Ihre oberirdischen Früchte hingegen sind giftig; deswegen galt sie in Europa anfangs als teure Zierpflanze. Marie Antoinette trug Kartoffelblüten als Kranz im Haar.
Dann aber machte sie nachhaltig Furore. Die Kartoffel musste nicht gedroschen oder gemahlen werden. Ernten – rösten, kochen oder sieden – und essen! Einfacher geht’s nicht.
Über die Jahrhunderte haben sich Zigtausende von Kartoffelsorten entwickelt. Sie wachsen in der Wüste und in den Anden, einige sind fäulnisresistent, so klein wie Murmeln oder groß wie eine Kokosnuss. Von weiß bis dunkelviolett ist jede Farbe denkbar. Je rauer die Schale, desto mehliger kochend sind sie in der Regel.
Wer feine Geschmacksnerven hat, beißt gern in alte Sorten, die oft einen nussig-buttrigen Geschmack haben und mit etwas Öl oder Butter und einer Prise Salz vollendete Befriedigung verheißen. Auf Märkten entdeckt man wieder eine große, fast verloren gewesene Vielfalt.
Ich mag besonders die Kipfler, eine festkochende Sorte, die dem Bamberger Hörnchen nicht unähnlich ist. Einfach waschen, aufschneiden, mit Rosmarin, Thymian, Salz und etwas Chili auf ein Blech legen, mit etwas Öl eingepinselt im Rohr weich werden lassen: die perfekte Beilage zu jedem Stück Fleisch oder zu Gemüse.
Mehligkochende Kartoffeln zerdrücke ich, hebe am liebsten Brennnesselspitzen darunter und schmecke alles mit Sahne, Muskatnuss und Salz ab. Am nächsten Tag nehme ich den Rest, forme Laibchen, die ich mit Haferflocken umhülle und brate diese an oder reibe grob noch eine Karotte dazwischen.
Wenn’s schnell gehen muss, werden Püreereste auch gern mit etwas Gemüsesuppe verlängert und dienen mir dann als Kartoffelsuppe, die ich mit ausgebratenen Speckcroutons und Kürbiskernen verfeinere.
Oder ich schlage ein Ei in den Rest, gebe etwas Mehl hinzu, walze diesen Teig aus und fülle ihn mit Pilzen, Gemüse oder Fleischresten. Die süße Variante davon sind Powidltascherln, mit Pflaumenmus gefüllt.
Es gibt kaum etwas, was man mit Kartoffeln nicht machen kann. Außer vielleicht sie roh essen. Das wiederum soll aber gut für die Zähne sein.
Die Köchin Sarah Wiener stellt hier jeden Monat eine ihrer Lieblingszutaten vor
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen