Sanktionen gegen Oligarchen: Das Ende des FC Chelski
Roman Abramowitsch wird in England zur unerwünschten Person. Und der FC Chelsea, dessen Besitzer er – noch – ist, wird auch dieses Kapitel überstehen.
E s ist vielleicht nicht unwichtig zu erwähnen, dass der FC Chelsea ein traditionsreicher englischer Fußballklub ist. Er wurde 1905 in einem Pub im Stadtteil Fulham gegründet. In der über 100-jährigen Geschichte hat sich der übliche Fundus an Mythen, Anekdoten und Stories angehäuft, auch ein paar Titel. Aber viele Fußballfans, die nicht zu den Blues von der Stamford Bridge halten, datieren die Geburt des Vereins aufs Jahr 2003.
Da trat Sponsor Roman Abramowitsch auf den Plan und kaufte den siechen Klub für etwa 200 Millionen Pfund. Jetzt, da Russland die Ukraine überfallen hat und das Russische unter Generalverdacht steht, schrumpft die Geschichte Chelseas tatsächlich auf jene 19 Jahre zusammen, in denen der russische Oligarch den „FC Chelski“ geformt hat.
Abramowitsch pumpte weiteres Geld in den Klub. Sein Vermögen aus Öl, Stahl- und Aluminiumgeschäften wird einmal mit zehn Milliarden Dollar angegeben, ein andermal mit 17 Milliarden. Das nutzt ihm in London nun nicht mehr viel, denn die britische Regierung hat neben anderen russischen Oligarchen auch Abramowitsch sanktioniert. Er darf mit dem Klub, den er nun eilends verkaufen will, kein Geld mehr machen. Der Verkauf ruht. Der Fanshop ist zu. Ins Stadion dürfen nur noch Besitzer von Dauerkarten.
Für Fernreisen darf der FC Chelsea nicht mehr als 20.000 Pfund ausgeben. Der Hauptsponsor hat seinen Rückzug angekündigt. Dass der Klub überhaupt noch spielen darf, liegt an einer Sonderlizenz. Der FC Chelsea ist Kriegsverlierer, die Besitzverhältnisse machen ihn dazu. Alle, die Chelsea-Fans, das Team und die Angestellten, leiden unter den Restriktionen, die auch sie betreffen, egal wie pazifistisch und Putin-feindlich sie sich geben. Für Nuancen ist in diesen Tagen wenig Platz.
„Mitschuldig an der Aggression“
„Die heutigen Sanktionen zeigen einmal mehr, dass Oligarchen und Kleptokraten keinen Platz in unserer Wirtschaft und Gesellschaft haben“, sagt die britische Außenministerin Liz Truss. Angesichts der engen Beziehungen zu Wladimir Putin sei auch ein Roman Abramowitsch „mitschuldig an seiner Aggression“. Premier Boris Johnson sagt: „Es darf keine sicheren Häfen geben für die, die Putins bösartigen Angriff auf die Ukraine unterstützt haben.“ Abramowitsch eine Nähe zu Putin nahezulegen, ist nicht falsch.
Der Waisensohn, der von einem Onkel im jüdischen Glauben erzogen wurde und auch einen israelischen Pass besitzt, hatte freilich angekündigt, den Verkaufserlös ukrainischen Kriegsopfern zukommen zu lassen. Schwer zu sagen, wie glaubhaft dieses Versprechen gewesen ist – es ist eh nicht mehr einzulösen. Der Verkauf des Vereins lässt sich trotz der Turbulenzen bestimmt schnell arrangieren, denn die englische Liga funktioniert für potente Investoren aus dem Ausland wie ein Juweliergeschäft. Man geht rein, zahlt für teuren Klunker. Zeigt, was man hat. Protzt, prahlt, wird Teil der Gesellschaft.
Mit diesem Modell ist die Premier League zur erfolgreichsten Liga auf dem Kontinent aufgestiegen. Man hat nicht nur das Geld aus Russland ohne größere Bedenken genommen, auch Petrodollars vom Persischen Golf, Überweisungen aus Asien oder den USA. Die Liga war durch und durch globalisiert, ein echtes Erfolgsprodukt. Es gab sogar Zeiten, in denen man die Leistung Abramowitschs als Self-Made-Aufsteiger in der britischen Presse rühmte. Alles vorbei.
Der Krieg verändert Bezugssysteme, setzt Grenzen neu, lässt Grautöne verschwinden. Der FC Chelsea spielt derweil weiter Fußball. Das ist vielleicht nicht das Schlechteste. Am Donnerstag hat der Klub von Trainer Thomas Tuchel 3:1 in Norwich gewonnen. „Ich bin immer noch glücklich, hier zu sein und eine starke Mannschaft anzuführen“, sagte der. Der Klub ist alt genug, um diesen Krieg zu überstehen.
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