Sanierung der Staatsbibliothek: Stabi saniert – und dicht
Die „Stabi“ Unter den Linden ist fertig saniert. Viele Räume sind kaum wiederzuerkennen. Als erstes wird das Haus jetzt für sechs Monate geschlossen.
Das Buch ist ein langsames Medium. Gut dazu passt die gemächliche Dramaturgie bei der Sanierung der Staatsbibliothek Unter den Linden. Schon seit 2005 wird der Koloss – letzter Repräsentationsbau des Kaiserreichs – bei laufendem Betrieb erneuert, der neue Allgemeine Lesesaal öffnete bereits 2012. Am 4. November übergibt nun das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) feierlich den Schlüssel für das komplette Gebäude an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Bereits ein paar Tage vorher konnte die Presse einen Blick auf das Ergebnis werfen. Neu ist vor allem die wiederhergestellte Inszenierung der „zentralen Erschließungsachse“. Die führt von den Linden aus durch eine offene Eingangshalle und den bald wieder mit Weinlaub bewachsenen Brunnenhof ins monumentale Tonnengewölbe der großen Treppenhalle. Von dort geht es hoch ins prunkvolle Vestibül und über eine weitere Treppe in den Allgemeinen Lesesaal. Beeindruckend dabei ist der Übergang von den historischen Hallen mit ihrer neoklassischen Formensprache in einen radikal zeitgenössischen Glaskubus.
Trotz Schlüsselübergabe: Ab sofort ist das Haus erst einmal dicht. Wirklich wiedereröffnet wird dann im Mai 2020. Bis dahin werden nun die vielen neu gestalteten Bürotrakte und Sonderlesesäle eingeräumt und Provisorien zurückgebaut, darunter der jahrelange Behelfseingang an der Dorotheenstraße.
BBR-Projektleiter Jens Andreae erläuterte beim Rundgang einige der technischen Herausforderungen, die in der langen Bauzeit auftraten. Unter anderem war eine neue Tragekonstruktion für die Decke des Vestibüls zu schaffen: Die von Architekt Ernst von Ihne zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwendeten und damals sehr modernen Betonbögen waren auf Weisung des Landesdenkmalamts unbedingt zu erhalten, ihre Statik jedoch zweifelhaft.
„Wir mussten 22 Meter lange Rohre senkrecht in die Mauern bohren, die dann mit Beton verfüllt wurden, um darauf die neue Decke zu lagern“, so Andreae. Verrutschten die Bohrer nur leicht, musste das Loch penibel verfüllt und neu angesetzt werden. Vor Probleme stellten die Projektleitung aber auch die Innenhöfe mit ihren weiß glasierten Klinkern. Nach der Instandsetzung und Reinigung der Oberflächen stellte sich heraus, dass diese die Sonne viel zu grell in die gegenüberliegenden Räume reflektierten – zusätzlicher Lichtschutz musste her.
DDR-Einbauten: alle weg
Für ältere NutzerInnen kaum wiederzuerkennen sind die von allen DDR-Einbauten radikal befreiten Sonderlesesäle. Der Musiklesesaal etwa, wo unter anderem gut 80 Prozent der originalen Notenmanuskripte (Autografen) von Johann Sebastian Bach eingesehen werden können, hat jetzt keine Zwischendecke mehr, die zugemauerten Rundbögenfenster wurden geöffnet, das Mobiliar in dunkelbraun und orange erinnert an eine Café-Lounge. Nichtsdestotrotz bietet das gesamte Gebäude – eines der größten Berlins – noch 50.000 Quadratmeter Nutzfläche und 650 BenutzerInnen-Arbeitsplätze.
Ein Detail, das beim Betreten der Treppenhalle ins Auge sticht, sind die Reste abgemeißelter Steinskulpturen auf den Schlusssteinen der beiden riesigen Bögen. Dass nur sie im Rahmen des 470-Millionen-Projekts nicht wiederhergestellt wurden, muss einen Grund haben – von den anwesenden Verantwortlichen wusste jedoch niemand, was sich dort einmal befand. Projektleiter Jens Andreae konnte lediglich mutmaßen, dass die fehlenden Elemente den zu DDR-Zeiten eingezogenen Zwischendecken im Weg waren.
Wie fast immer hilft Googeln: Historische Fotos zeigen zwei preußische Adler, die mit ihren langen Hälsen ein bisschen wie Geier aussehen.
Am Samstag, 16. November, lädt die Staatsbibliothek Unter den Linden alle Interessierten zu einem Tag der offenen Tür. Von 10 bis 18 Uhr können die Räume der zentralen Erschließungsachse besichtigt werden, zudem gibt es stündliche Führungen durch weitere Bereiche.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!