Sambia ist Afrikameister: Teamgeist schlägt Diven
Der Sieg Sambias bei der Afrikameisterschaft CAN wird in die Geschichte eingehen. Und dem unterschätzten Vereinsfußball des Kontinents vielleicht endlich Anerkennung bringen.
Was für ein schöner Sieg. Sambia hat die Fußball-Afrikameisterschaft CAN gewonnen – hochverdient, im Elfmeterschießen gegen die Elfenbeinküste nach deutlichem Übergewicht während der regulären Spielzeit. Es ist der erste internationale Titel des Landes aus dem südlichen Afrika und er wird ausgerechnet gegen den haushohen Favoriten erzielt.
Die CAN 2012 hatte eigentlich kaum jemand besonders ernst genommen. Die üblichen Verdächtigen Ägypten, Nigeria, Südafrika und Kamerun hatten sich allesamt nicht qualifiziert und dem Turnier damit schon vorab viel von seinem Glanz genommen. Die gesplittete Austragung in den beiden zentralafrikanischen Ölstaaten Gabun und Äquatorial-Guinea, zwei der autokratischsten Länder Afrikas in einer klimatisch anstrengenden Region, hatte Zuschauer zusätzlich abgeschreckt. Und nach der WM 2010 in Südafrika war das globale Interesse am afrikanischen Fußball ohnehin wieder gesunken.
Das war ein Fehler, und Sambias Sieg wird in die Fußballgeschichte eingehen. Denn erstmals gewinnt eine Mannschaft aus Afrika südlich der Sahara, deren Spieler mehrheitlich in Afrika spielen: in Sambia selbst, in Südafrika sowie in der Demokratischen Republik Kongo, beim mehrfachen Afrika-Champion TP Mazembe aus Lubumbashi. Sie sind keine globalen Berühmtheiten, sie sind keine Divas, sie setzen auf Teamgeist. Die Ivorer hingegen kommen aus der englischen Premier League und aus Frankreich. Sie sind global bekannt und von sich selbst jeweils extrem überzeugt. Ausgerechnet der größte Star unter ihnen, Didier Drogba, vergab die Siegeschancen seines Landes, als er den einzigen Elfmeter während der regulären Spielzeit zu lässig anging und am sambischen Tor vorbeischoss.
Hochmut kommt vor dem Fall. Hätten die Ivorer genauer hingeguckt: Sambia hatte bereits im Halbfinale Ghana aus dem Turnier geworfen, das beste afrikanische Team der letzten WM. Und im direkten Vergleich Sambia-Elfenbeinküste hatten meistens die "Gewehrkugeln" aus Sambia die "Elefanten" aus der Elfenbeinküste geschlagen. Dennoch kommt der Turniersieg bei der CAN 2012 als faustdicke Überraschung und als die beste Nachricht für den kriselnden afrikanischen Fußball seit Jahren.
Vielleicht erfährt nun der stark unterschätzte, unterfinanzierte und überpolitisierte afrikanische Vereinsfußball endlich die Anerkennung und die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt. Vielleicht hören junge afrikanische Fußballtalente jetzt auf, immer nur von Europa als dem unerreichbaren goldenen Land der Selbstverwirklichung zu träumen. Afrika kann es mindestens genausogut – das ist die Lehre dieser Afrikameisterschaft 2012.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen