Salafisten greifen Pro NRW an: Islamisten versus Rechstextremisten
Islamisten haben eine Wahlkampfveranstaltung der rechtsextremen Partei „Pro NRW“ angegriffen. Diese hatte die Ergebnisse eines islamophoben Wettbewerbs vor einer Moschee ausgestellt.
SOLINGEN dpa/dapd | Eine Wahlkampfaktion der rechtsextremen Splitterpartei „Pro NRW“ hat in Solingen gewalttätige Ausschreitungen von Salafisten provoziert. Drei Menschen wurden am Dienstag verletzt, nachdem die Islamisten eine Polizeisperre angegriffen hatten. Die Polizei nahm 44 Angehörige der salafistischen Szene vorübergehend fest und brachte weitere 37, die sich vor oder in der Moschee aufhielten, ins Präsidium, um deren Personalien zu prüfen.
„Pro NRW“ hatte die Salafisten in der Nähe ihrer Moschee mit Karikaturen des Propheten Mohammed provoziert. Diese versuchten darauf, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen, schlugen mit Stöcken und warfen Steine. Die Staatsanwaltschaft geht von einer vorbereiteten Aktion aus: Die Wurfgeschosse seien mitgebracht worden, in der Umgebung habe es keine Steine gegeben, sagte der Wuppertaler Staatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert am Mittwoch. Der Staatsschutz ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch.
Salafisten wie Rechtsextremistem versuchen nun, die Ereignisse nun für ihre jeweilige Propaganda zu nutzen. In einem Video, das am Mittwoch auf Youtube gestellt wurde, ist zu sehen, wie sich beide Gruppen schon vor der Eskalation gegenseitig provozierten. So rief ein Redner von „Pro NRW“ den etwa 30 Meter entfernten Salafisten zu, sie sollten bleiben, „wo der Pfeffer wächst“, während der Polizeiaktion skandierten „Pro-NRW“-Aktivisten „Abschieben, abschieben“ – dabei sind viele der Salafisten deutsche Konvertiten.
Die Salafisten wiederum stellen die Festnahmen der Polizei als willkürliche staatliche Unterdrückung von Muslimen dar. In einem Al-Qaida-nahen Internetforum wurden am Dienstagabend Fotos von den Festnahmen eingestellt. Darauf sind am Boden liegende Salafisten zu sehen, die von Polizisten in Gewahrsam gehalten werden, einer blutet am Kopf. In einem auf Arabisch verfassten Text heißt es dazu: „Wir bitten Gott, sie (die Muslime) zu schützen und den Feind, das Böse, den Mörder zu töten.“
Verfasst wurden die Forumseinträge von einem Nutzer namens "abu- usama-algharib". Diesen Namen nutzt auch der österreichische Salafistenprediger Mohamed Mahmoud, der bis vor einer Woche in Hessen lebte und als Kopf der salafistischen Solinger Millatu-Ibrahim-Moschee galt. Wegen seiner radikalen Ansprachen wollte Hessens Innenminister Mahmoud abschieben. Doch der kam seiner Ausweisung zuvor, indem er Anfang vergangener Woche nach Ägypten ausreiste. Nun, so wird vermutet, betreibt er Propaganda von dort.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) und der Vizevorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings, haben beide Gruppen für ihr Verhalten kritisiert. Jäger hatte die Veranstaltung der Rechtsextremisten verhindern wollen, war damit aber an einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster gescheitert.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte im Vorfeld vor einer solchen Eskalation gewarnt. Eine weitere Aktion von "Pro NRW" in Oberhausen verlief am Mittwoch aber friedlich. Allerdings waren dort auch keine Salafisten vor Ort, wie ein Polizeisprecher sagte. Oberhausen habe keine entsprechende Szene. Stattdessen protestierten 500 Bürger friedlich gegen "Pro NRW". Die Rexhtsextremisten wollen ihre Aktionen in dieser Woche im Ruhrgebiet fortsetzen.
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