Saisonbilanz der Berliner Handballer: Richtig ausgefuchst
Erneut liefern die Füchse Berliner eine perfekte Saison ab. Wie lange können sie das durchhalten?
Am letzten Spieltag der Handball-Bundesliga holten die Füchse Berlin bei MT Melsungen ein 28:28. Es war ein Spiel ohne Bedeutung: Platz drei und damit das Erreichen der Champions League hatten die Berliner schon am Mittwoch mit dem Heimsieg gegen Lemgo perfekt gemacht. „Davon habe ich gar nicht zu träumen gewagt“, schwärmte Manager Bob Hanning. „Ich könnte vor der Mannschaft niederknien.“
Ein wahnsinnig großer Erfolg – der umso mehr überrascht, weil eigentlich jeder dachte, das die tolle vorherige Saison nicht mehr zu toppen ist. Da wurde man ebenfalls Dritter und qualifizierte sich erstmalig für die Champions League. Jetzt konnte man den Erfolg bestätigen, was in der Regel viel schwieriger ist. Und in der Königsklasse drehten die Füchse als Novize auch mächtig auf. Sie erreichten auf Anhieb sensationell das Final Four. „Das hat uns enorm nach vorn gebracht“, glaubt Trainer Dagur Sigurdsson.
Unvergessliche Spiele lieferten die Handballer ab, beispielsweise als sie im Viertelfinale einen 11-Tore-Rückstand gegen das spanische Leon im Rückspiel noch drehten. Und im Halbfinale scheiterten die Berliner nur denkbar knapp am späteren Sieger Kiel. Die Füchse konnten sich in der abgelaufenen Saison nicht nur national als Spitzenmannschaft etablieren, sie machten sich auch international einen Namen. „Wir haben für den Verein Geschichte geschrieben“, resümiert Kapitän Torsten Laen.
Reicht die Kraft?
Aber je länger der Aufstieg der Füchse dauert, umso mehr reibt man sich die Augen. Seit dem Erstligaaufstieg 2007 ging es steil bergauf. Aber eigentlich warten alle seit zwei Jahren auf einen Einbruch. „Ich dachte immer, irgendwann kommt der Punkt, wo uns die Kräfte ausgehen“, sagt Hanning. Aber dieser Punkt kam auch diese Saison nicht. Verletzungen, kleinere Rückschläge – alles steckten die Füchse weg. Weil sie ein echtes Team sind, das funktioniert. „Jeder profitiert von den Stärken des anderen“, erklärt Nationalspieler Sven-Sören Christophersen. Sie stacheln sich gegenseitig an. Und das geht nur, wenn die Chemie untereinander stimmt.
Ein Leistungsträger geht
Rückschläge werden aber kommen. So müssen die Füchse nun zum ersten Mal den Verlust eines Leistungsträgers verkraften. Rückraumspieler Alexander Petersson, der Mann mit dem härtesten Wurf der Liga, wechselt zu den Rhein-Neckar-Löwen. „Das tut weh. In der Abwehr werden wir ein Stück verlieren“, so Hanning. Als der Isländer gegen Lemgo verabschiedet wurde, berichtete Hanning, dass ein Lemgoer Spieler ihn fragte, wie man denn freiwillig hier weggehen könnte. Die Füchse sind fast eine Familie und die lautstarke Schmeling-Halle ein echtes Erlebnis. Nur in Sachen Finanzen ist die Konkurrenz aus Kiel, Hamburg und eben den Rhein-Neckar-Löwen den Berlinern voraus.
Deshalb stellt sich die Frage, wie lange die Füchse mit der finanzkräftigen Konkurrenz noch mithalten können. Der Etat steigt zwar auf 5 Millionen Euro, liegt aber immer noch hinter den Magnaten der Liga. Jeder Transfer muss deshalb passen. „Aber da haben wir bisher eigentlich wenig falsch gemacht“, findet Hanning. Als einziger Neuzugang steht der russische Nationalspieler Konstantin Igropulo fest: Der Ersatz für Petersson kommt vom FC Barcelona.
Die Jungen müssen ran
Aber Manager Hanning sieht vor allem im eigenen Kader noch viel Luft nach oben. „Die Erfolge zählen ab morgen nicht mehr“, sagt er. Vor allem für die jungen Spieler ist die Schonzeit vorbei. „Denn wenn wir wieder so eine Saison spielen, wie jetzt, werden wir nur Siebter“, glaubt der Manager.
Die Konkurrenz sitzt den Füchsen im Nacken, sie hat sich weiter verstärkt. Denn alle Mannschaften wollen in die Champions League. Die Füchse haben das zwar nun zum zweiten Mal geschafft, aber gleichzeitig die eigene Messlatte noch einmal ein Stück höher gelegt. „Wir haben ja noch keinen Titel eingefahren“, sagt Nationalspieler Christophersen.
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