Sachsen: Milbradt wankt, aber stürzt nicht
Sachsens CDU hat Georg Milbradt erneut zum Vorsitzenden gewählt. Doch nach Korruptionsskandal und Landesbank-Verkauf fiel die Abstimmung schlechter aus als erwartet.
MITTWEIDA taz Georg Milbradt bleibt Sachsens CDU-Chef. Seine Partei hat den 62-Jährigen wiedergewählt - trotz starker parteiinterner Kritik.
Das Wahlergebnis von knapp 74 Prozent aber lässt weiterhin Raum für Spekulationen. Milbradt sprach von einem "zufriedenstellenden Ergebnis", um gleich darauf zu orakeln: "Bis zur Nominierung des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2009 fließt noch viel Wasser die Elbe hinunter." Die Landtags-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Antje Hermenau, wurde da konkreter: Milbradt bleibe ein Ministerpräsident auf Bewährung. Permanenter Koalitionskrach mit der SPD, mutmaßliche Korruptionsnetzwerke, die Attacken auf acht Inder in Mügeln und der Panikverkauf der sächsischen Landesbank hatten auch in der eigenen Union für Unmut gesorgt. Es schien durchaus möglich, dass Milbradt - der in der Partei nicht sonderlich verankert ist - bei den Vorstandswahlen einen Denkzettel erhalten würde.
Und tatsächlich blieb Milbradts Lächeln am Sonnabend gequält. Niemand im Saal wertete das Abstimmungsergebnis als entschlossene Unterstützung für den Regierungschef. Sein forscher Generalsekretär Michael Kretschmer bekam mit 82,6 Prozent deutlich mehr Stimmen. Milbradt hatte sich auf 24 Seiten seines Redemanuskripts bemüht, Sachsen als ein heiles, wirtschaftlich erfolgreiches Land darzustellen und die jüngsten Krisen als Medienkampagne herunterzuspielen. "Es gab nämlich keine Hetzjagd in Mügeln, sondern auf Mügeln und die Mügelner", so der Ministerpräsident. Erst in den Schlusssätzen gab er zu, dass die Lage vielleicht doch nicht optimal ist. Plötzlich ging es darum, "die Uhren neu zu stellen" und "vorhandene Probleme" zu lösen. Darauf will der Landeschefchef aber die gesamte Partei verpflichten. "Wenn es ums Ganze geht, ist die Union eine starke Mannschaft", sagt er den 238 Delegierten. Auf deren mehrheitliches Kalkül und politische Vernunft konnte sich Milbradt noch einmal verlassen. Kommunalvertreter, die wegen der Kreisreform murren und um Mithaftung nach dem Desaster der Landesbank fürchten, wurden kurz zuvor mit einem Geschenk von 176 Mio. Euro im kommunalen Finanzausgleich ruhiggestellt.
Das Verhalten der Delegierten zeigte aber auch, wie schwach die innerparteiliche Debattenkultur in der sächsischen CDU ausgebildet ist. Die so genannte Aussprache war nach einer Viertelstunde beendet.
Noch ernster als Milbradt schaute sein Parteivize und Kultusminister Steffen Flath - als grüble er, wann er sich offen als Alternative präsentieren solle. Auffällig schwache Unterstützung erhielt Milbradt auch von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Dessen Ansprache beschränkte sich auf die bekannten Angstthemen und die Gleichsetzung der G-8-Demonstranten von Heiligendamm mit rechten Gewaltexzessen.
Die versprochene Wende zu "besseren Zeiten" will der neue und alte CDU-Chef nun mit einer Kabinettsumbildung einleiten.
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