Sachsen-Filz: Landtagsausschuss darf untersuchen

Die CDU hat den Weg für ein Untersuchungsgremium geebnet. Es soll klären, was an den Korruptionsvorwürfen gegen sächsische Politiker und Justiz dran ist

Sachsens Ministerpräsident Milbradt stehen ungemütliche Zeiten bevor Bild: dpa

DRESDEN taz Der sächsische Landtag hat gestern die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur mutmaßlichen Korruptionsaffäre beschlossen. In der eigens dafür anberaumten Sondersitzung stimmten die Oppositionsparteien Linke, FDP und Grüne sowie die NPD dafür. Die SPD enthielt sich wie angekündigt der Stimme und billigte damit stillschweigend den Ausschuss. Die CDU-Fraktion hatte sich erst am Donnerstagvormittag zum gleichen Verhalten entschlossen. In der turbulenten Sitzung erneuerten ihre Vertreter jedoch die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Untersuchungsauftrages.

Über diese vom Juristischen Dienst des Landtages unterstützten Bedenken gab es seit zwei Wochen Auseinandersetzungen, die auch das Verhältnis der Koalitionspartner CDU und SPD belasteten. Seit einer Woche liegt ein geänderter Untersuchungsauftrag vor, der den Verfassungsbedenken der CDU entgegenkommen will.

Die Unionsfraktion behält sich allerdings eine erneute gründliche juristische Prüfung dieses Antrages vor. Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer preschte vor und kündigte an, in jedem Fall vor dem Landesverfassungsgericht zu klagen.

Die Union war gleichzeitig bemüht, den Eindruck zu erwecken, sie wolle die Affäre energisch aufklären. Ihre Aktivitäten gegen einen Untersuchungsausschuss hatten Zweifel daran aufkommen lassen. Nun aber präsentierte die Union der Presse eine Auflistung aller bisherigen Regierungsaktivitäten in der "so genannten Affäre".

Der Anwalt Klaus Bartl, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion, soll dem Untersuchungsausschusses vorsitzen. Die CDU enthielt sich bei der Abstimmung über Bartl der Stimme - weil Bartl im jugendlichen Alter kurzzeitig mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR zusammengearbeitet hatte. Aus dem gleichen Grund wurde der Linke-Abgeordnete Volker Külow als Ausschussmitglied abgelehnt.

Inzwischen sind weitere gravierende Unstimmigkeiten im Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz bekannt geworden. So sind Zweifel an der Glaubwürdigkeit der inzwischen teilweise der Staatsanwaltschaft überstellten Akten aufgekommen. Einer der Informanten war selbst Polizeibeamter, wie das Innenministerium einräumen musste.

Außerdem sind einige speziell auf Leipzig bezogene Akten offensichtlich manipuliert wurden. Hier geht es insbesondere um angebliche Verbindungen von Kommunalpolitikern in die Rotlichtszene und vermeintliche Sexpartys im Rathaus. "Aufgepeppt« nannte Reinhard Boos, der neue Präsident des Landesamtes, diese Aufbauschung von Gerüchten. Für die SPD stellte der Parlamentarische Geschäftsführer Martin Dulig daraufhin die Frage, in wessen Sinn und Interesse diese Manipulationen stattgefunden haben. "Es könnte auch das Ziel gewesen sein, die SPD-Hochburg Leipzig in Verruf zu bringen", so Dulig.

Jetzt erst wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtages (PKK) umfangreiches Aktenmaterial vorenthalten hat. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) beeilte sich zwar zu versichern, es habe sich nicht um inhaltlich brisante Akten, sondern reine Verwaltungsvorgänge gehandelt. Sie würden der PKK dennoch umgehend überstellt.

Das Misstrauen des Ministers gegen sein Landesamt ist jedoch so weit gewachsen, dass seit Wochenbeginn die eigenen Mitarbeiter nicht mehr mit der Aufbereitung der Akten für die Staatsanwaltschaft befasst werden. 14 Experten aus 12 Bundesländern übernehmen jetzt diese Aufgabe.

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