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Sachsen-Anhalts Innenminister über Jalloh-Urteil"Der Todesfall schadet der Polizei"

Der Tod von Oury Jalloh vor vier Jahren in Dessau bleibt ungesühnt. Sachsen-Anhalts Innenminister Hövelmann hat Verständnis für die Wut der Angehörigen des Opfers.

Sind fassungslos: Prozessbeobachter nach der Urteilsverkündung am Montag. Bild: dpa
Andreas Speit
Interview von Andreas Speit

Herr Minister können Sie die Wut von Angehörigen und Freunde nachvollziehen?

Mir ist klar, dass das gestern für die Familie und die Freunde von Oury Jalloh ein besonders schwerer Tag war.

Richter Steinhoff warf der Polizei "Schlamperei und Falschaussagen" vor, ein Nebenklagevertreter sprach von "Korpsgeist" und Amnesty International von "organisierten Verantwortungslosigkeit".

Der Todesfall, seine Umstände und der Umgang damit schaden der Polizei. Aber angesichts des Todes eines Menschen ist das Ansehen der Polizei wirklich nicht das vorrangige Problem.

Während des Prozesses verschwanden Beweismittel, der zuständige Revierleiter traf sich mit seinen Kollegen, widersprüchliche Aussagen der Beamten wurden plötzlich widerrufen. Wie glaubwürdig waren die Aussagen der angeklagten Polizisten?

Die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen zu bewerten, ist ureigene Aufgabe des Gerichts.

Salion Jalloh, der Bruder des Verstorbenen, nannte den Prozess eine "Farce". Flüchtlingsorganisationen wie "The Voice Refugee Forum" fordern eine unabhängige Kommission, die den Prozessverlauf untersuchen soll. Fehlt Polizisten in Sachsen-Anhalt ein Bewusstsein für den Rechtsstaat?

Polizeibeamte sind Diener des Rechtsstaats. So versteht sich auch die Polizei in Sachsen-Anhalt. Innenministerium und Polizei haben als Konsequenz aus dem Tod von Oury Jalloh mit einer Änderung der Gewahrsamsordnung dafür Sorge getragen, dass rechtsstaatliche Prinzipien auch im Polizeigewahrsam durchgängig eingehalten werden.

Der Richter sagte, die Polizisten hätten "dem Land geschadet.“

Der Tod von Oury Jalloh, aber auch die bekannten Fehler im Umgang mit Rechtsextremismus, haben schmerzhaft deutlich gemacht, wie wichtig einerseits eine klare Haltung gegen rechts und andererseits eine stärkere interkulturelle Kompetenz von Polizeibeamten ist. Die Polizei arbeitet hart daran, auch um wieder stärker zum Ansehen des Landes beizutragen.

Seit einem Jahr intensiviert das Land Sachsen-Anhalt die Weiterqualifizierung von Polizisten, um den Kampf gegen den Rechtsextremismus voranzutreiben …

In der Ausbildung, in Weiterbildungsveranstaltungen und in regelmäßigen Dienstbesprechungen macht die Polizeiführung jeder Kollegin und jedem Kollegen unmissverständlich klar: Der Kampf gegen Rechtsextremismus hat Priorität

Wie kontrollieren sie die Haltung der Polizisten zu Rechtextremismus?

Jede Polizistin und jeder Polizist muss die Gewähr bieten, jederzeit für den demokratischen Staat einzutreten. Niemand wird kontrolliert, aber wer rechtsextreme oder rassistische Tendenzen erkennen lässt, kann nicht in den Reihen der Polizei bleiben.

Während des Verfahrens kam heraus: Die Polizisten haben sich abfällig über Jalloh geäußert. Ein Ausnahmefall oder Regel bei der Polizei in Sachsen-Anhalt?

Die Polizei ist ein Spiegelbild der Gesellschaft, aber nach innen wie nach außen gilt hier das Prinzip: null Toleranz gegen Ausländerfeindlichkeit.

Angehörige und Freunde des Opfers haben während des Prozesses gesagt, sie wollen keine Entschädigung, sondern Gerechtigkeit. Inwieweit ist das Innenministerium auf die Angehörigen Jallohs zugegangen und hat sich um sie gekümmert?

Ich habe nach meinem Amtsantritt mehrfach meine Trauer und meine Beschämung darüber ausgedrückt, dass ein Mensch in der Obhut der Polizei einen so schrecklichen Tod gestorben ist.

Warum führte erst der große öffentliche Druck zu weitergehenden Ermittlungen?

Die Landesregierung hat ein massives Interesse daran, dass der Tod von Oury Jalloh vollständig aufgeklärt wird. Im strafrechtlichen Sinne ist das Sache der Staatsanwaltschaft, im disziplinarrechtlichen Sinne Sache der Polizei selbst.

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13 Kommentare

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  • I
    IBichette

    Viele Politiker in den neuen Bundesländern merken gar nicht, wie ihnen im Laufe der Zeit sämtliche gesellschaftsrelevanten Initiativen von den rechten Nazi-Parolen-Wiederkäuern weggenommen werden. Ist es verbohrte oder gerne geübte Blindheit? Wenn dann die Polizei geistig auf der falschen Seite steht, dann gute Nacht Demokratie.

  • W
    Wossi

    Von wo stinkt der Fisch?

    39,3 Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt sind ausländerfeindlich eingestellt, so die neusten Erkenntnisse einer Langzeitstudie aus Leipzig. Zudem pflegen 21,3 Prozent ein übersteigertes Nationalgefühl (Chauvinismus). Da hat der Innenminister wohl recht, wenn er sagt, die Polizei sei ein Spiegelbild der Gesellschaft.

    Gleichzeitig hat sich aber sein Vorgänger mit rechten Kameraden, die der eigene Verfassungsschutz observierte, zum Gruppenfoto aufgestellt. Und der Ministerpräsident findet nicht Worte der Beschämung angesichts der ungeheuren Vorfälle auf Sachsen-Anhalts Straßen und in Sachsen-Anhalts Behörden. Zudem haben alle, die sich in den Institutionen des Landes strikt an menschenrechtlichen Prämissen orientieren, einen mehr als schweren Stand.

    Von wo stinkt der Fisch? Höchstwahrscheinlich stinkt er überall gleich unangenehm.

    Ich aber kann nicht nur die Empörung der "Angehörigen" von Oury Jalloh verstehen, ich kann die Empörung aller verstehen. Ich finde sogar, dass sie zwingend geboten ist, auch wenn sie regional höchstwahrscheinlich sehr unterschiedlich ausgeprägt sein wird.

  • M
    Martin

    Märchen:

     

    Zwei Schwarze überwältigen einen Polizisten, fesseln ihn im Keller, der Polizist verbrennt dort, angeblich habe er sich selber angezündet, die beiden Männer hätten dies erst zu spät bemerkt. Sie werden freigesprochen.

     

    Umgekehrt kein Märchen, sondern Realität in Deutschland.

  • OL
    Oliver Lößer

    gut, der Herr Innenminister sagt, was der Herr Innenminister sagen muss. Das ist wenigstens ein kleiner Schritt in die richtige Richtung - zumindest wenn man an die Gleichgültigkeit in den Aussagen vieler seiner Beamten-Kollegen denkt, die es in der Vergangenheit oft gegeben hat.

    Der Vorfall zeigt, dass Rechtsextremismus in Sachsen-Anhalt (natürlich auch Brandenburg und co.) zum Alltag der Menschen dazu gehört. Die Regierungen der "neuen" Bundesländer schaffen es einfach nicht, ihre Bevölkerung ausreichend zu politisieren. Egal, ob das Defizit im interkulturellen Umgang/Zusammenleben und am rechtsstaatlichen Bewusstsein vieler Ostdeutschen ein Erbe der DDR-"Diktatur" ist - oder wo es auch immer seinen Ursprung findet - mir persönlich kann sich nicht erschließen, wieso die Regierungen von Sachsen-Anhalt und co. diese Probleme so überhaupt nicht in den Griff bekommen.

    Dabei begrenzt sich die Akzeptanz von Rechtsextremismus nicht nur auf Dunkeldeutschland. Während die Mehrheit der Ostdeutschen den braunen Sumpf und alles was daran anlehnt, direkt in ihrer Mitte akzeptieren, haben sich die Westdeutschen mit einem fremdenfeindlichen Osten, der zu Teilen einfach unzugänglich ist, abgefunden.

    Das sich diese Gleichgültigkeit (und hinter vorgehaltener Hand auch Verständnis und Zustimmung) gegenüber der rechten Gesinnung bis ins oberste Beamtentum der ostdeutschen Bundeländer zieht, verwundert mich allerdings nicht. Das dieses Verhalten nicht nur ein Armutszeugnis für die ehemaligen Verfechter der Internationalen darstellt ist eine Sache, viel schwerwiegender ist der Schaden – die damit verbundenen Rückschläge - für den Rest der Bundesrepublik und all derer die sich für Integration einsetzten.

  • I
    IBichette

    Viele Politiker in den neuen Bundesländern merken gar nicht, wie ihnen im Laufe der Zeit sämtliche gesellschaftsrelevanten Initiativen von den rechten Nazi-Parolen-Wiederkäuern weggenommen werden. Ist es verbohrte oder gerne geübte Blindheit? Wenn dann die Polizei geistig auf der falschen Seite steht, dann gute Nacht Demokratie.

  • W
    Wossi

    Von wo stinkt der Fisch?

    39,3 Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt sind ausländerfeindlich eingestellt, so die neusten Erkenntnisse einer Langzeitstudie aus Leipzig. Zudem pflegen 21,3 Prozent ein übersteigertes Nationalgefühl (Chauvinismus). Da hat der Innenminister wohl recht, wenn er sagt, die Polizei sei ein Spiegelbild der Gesellschaft.

    Gleichzeitig hat sich aber sein Vorgänger mit rechten Kameraden, die der eigene Verfassungsschutz observierte, zum Gruppenfoto aufgestellt. Und der Ministerpräsident findet nicht Worte der Beschämung angesichts der ungeheuren Vorfälle auf Sachsen-Anhalts Straßen und in Sachsen-Anhalts Behörden. Zudem haben alle, die sich in den Institutionen des Landes strikt an menschenrechtlichen Prämissen orientieren, einen mehr als schweren Stand.

    Von wo stinkt der Fisch? Höchstwahrscheinlich stinkt er überall gleich unangenehm.

    Ich aber kann nicht nur die Empörung der "Angehörigen" von Oury Jalloh verstehen, ich kann die Empörung aller verstehen. Ich finde sogar, dass sie zwingend geboten ist, auch wenn sie regional höchstwahrscheinlich sehr unterschiedlich ausgeprägt sein wird.

  • M
    Martin

    Märchen:

     

    Zwei Schwarze überwältigen einen Polizisten, fesseln ihn im Keller, der Polizist verbrennt dort, angeblich habe er sich selber angezündet, die beiden Männer hätten dies erst zu spät bemerkt. Sie werden freigesprochen.

     

    Umgekehrt kein Märchen, sondern Realität in Deutschland.

  • OL
    Oliver Lößer

    gut, der Herr Innenminister sagt, was der Herr Innenminister sagen muss. Das ist wenigstens ein kleiner Schritt in die richtige Richtung - zumindest wenn man an die Gleichgültigkeit in den Aussagen vieler seiner Beamten-Kollegen denkt, die es in der Vergangenheit oft gegeben hat.

    Der Vorfall zeigt, dass Rechtsextremismus in Sachsen-Anhalt (natürlich auch Brandenburg und co.) zum Alltag der Menschen dazu gehört. Die Regierungen der "neuen" Bundesländer schaffen es einfach nicht, ihre Bevölkerung ausreichend zu politisieren. Egal, ob das Defizit im interkulturellen Umgang/Zusammenleben und am rechtsstaatlichen Bewusstsein vieler Ostdeutschen ein Erbe der DDR-"Diktatur" ist - oder wo es auch immer seinen Ursprung findet - mir persönlich kann sich nicht erschließen, wieso die Regierungen von Sachsen-Anhalt und co. diese Probleme so überhaupt nicht in den Griff bekommen.

    Dabei begrenzt sich die Akzeptanz von Rechtsextremismus nicht nur auf Dunkeldeutschland. Während die Mehrheit der Ostdeutschen den braunen Sumpf und alles was daran anlehnt, direkt in ihrer Mitte akzeptieren, haben sich die Westdeutschen mit einem fremdenfeindlichen Osten, der zu Teilen einfach unzugänglich ist, abgefunden.

    Das sich diese Gleichgültigkeit (und hinter vorgehaltener Hand auch Verständnis und Zustimmung) gegenüber der rechten Gesinnung bis ins oberste Beamtentum der ostdeutschen Bundeländer zieht, verwundert mich allerdings nicht. Das dieses Verhalten nicht nur ein Armutszeugnis für die ehemaligen Verfechter der Internationalen darstellt ist eine Sache, viel schwerwiegender ist der Schaden – die damit verbundenen Rückschläge - für den Rest der Bundesrepublik und all derer die sich für Integration einsetzten.

  • H
    henning

    Herr Lößer, also bitte, einerseits Gleichgültigkeit und fehlenden interkulturellen Umgang anprangern und gleichzeitig so fürchterlich platt das Problem lediglich im Osten zu verorten ist gleichsam falsch wie strunzdumm. Der böse ungebildete Osten schadet dem guten Westen. Hallo? In welchem Teil des Märchenwaldes leben Sie denn? Das lässt ja bösen Starrsinn und arge Realitätsferne vermuten...

  • I
    IBichette

    Viele Politiker in den neuen Bundesländern merken gar nicht, wie ihnen im Laufe der Zeit sämtliche gesellschaftsrelevanten Initiativen von den rechten Nazi-Parolen-Wiederkäuern weggenommen werden. Ist es verbohrte oder gerne geübte Blindheit? Wenn dann die Polizei geistig auf der falschen Seite steht, dann gute Nacht Demokratie.

  • W
    Wossi

    Von wo stinkt der Fisch?

    39,3 Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt sind ausländerfeindlich eingestellt, so die neusten Erkenntnisse einer Langzeitstudie aus Leipzig. Zudem pflegen 21,3 Prozent ein übersteigertes Nationalgefühl (Chauvinismus). Da hat der Innenminister wohl recht, wenn er sagt, die Polizei sei ein Spiegelbild der Gesellschaft.

    Gleichzeitig hat sich aber sein Vorgänger mit rechten Kameraden, die der eigene Verfassungsschutz observierte, zum Gruppenfoto aufgestellt. Und der Ministerpräsident findet nicht Worte der Beschämung angesichts der ungeheuren Vorfälle auf Sachsen-Anhalts Straßen und in Sachsen-Anhalts Behörden. Zudem haben alle, die sich in den Institutionen des Landes strikt an menschenrechtlichen Prämissen orientieren, einen mehr als schweren Stand.

    Von wo stinkt der Fisch? Höchstwahrscheinlich stinkt er überall gleich unangenehm.

    Ich aber kann nicht nur die Empörung der "Angehörigen" von Oury Jalloh verstehen, ich kann die Empörung aller verstehen. Ich finde sogar, dass sie zwingend geboten ist, auch wenn sie regional höchstwahrscheinlich sehr unterschiedlich ausgeprägt sein wird.

  • M
    Martin

    Märchen:

     

    Zwei Schwarze überwältigen einen Polizisten, fesseln ihn im Keller, der Polizist verbrennt dort, angeblich habe er sich selber angezündet, die beiden Männer hätten dies erst zu spät bemerkt. Sie werden freigesprochen.

     

    Umgekehrt kein Märchen, sondern Realität in Deutschland.

  • OL
    Oliver Lößer

    gut, der Herr Innenminister sagt, was der Herr Innenminister sagen muss. Das ist wenigstens ein kleiner Schritt in die richtige Richtung - zumindest wenn man an die Gleichgültigkeit in den Aussagen vieler seiner Beamten-Kollegen denkt, die es in der Vergangenheit oft gegeben hat.

    Der Vorfall zeigt, dass Rechtsextremismus in Sachsen-Anhalt (natürlich auch Brandenburg und co.) zum Alltag der Menschen dazu gehört. Die Regierungen der "neuen" Bundesländer schaffen es einfach nicht, ihre Bevölkerung ausreichend zu politisieren. Egal, ob das Defizit im interkulturellen Umgang/Zusammenleben und am rechtsstaatlichen Bewusstsein vieler Ostdeutschen ein Erbe der DDR-"Diktatur" ist - oder wo es auch immer seinen Ursprung findet - mir persönlich kann sich nicht erschließen, wieso die Regierungen von Sachsen-Anhalt und co. diese Probleme so überhaupt nicht in den Griff bekommen.

    Dabei begrenzt sich die Akzeptanz von Rechtsextremismus nicht nur auf Dunkeldeutschland. Während die Mehrheit der Ostdeutschen den braunen Sumpf und alles was daran anlehnt, direkt in ihrer Mitte akzeptieren, haben sich die Westdeutschen mit einem fremdenfeindlichen Osten, der zu Teilen einfach unzugänglich ist, abgefunden.

    Das sich diese Gleichgültigkeit (und hinter vorgehaltener Hand auch Verständnis und Zustimmung) gegenüber der rechten Gesinnung bis ins oberste Beamtentum der ostdeutschen Bundeländer zieht, verwundert mich allerdings nicht. Das dieses Verhalten nicht nur ein Armutszeugnis für die ehemaligen Verfechter der Internationalen darstellt ist eine Sache, viel schwerwiegender ist der Schaden – die damit verbundenen Rückschläge - für den Rest der Bundesrepublik und all derer die sich für Integration einsetzten.