: Sabotage im AKW Krümmel
Unbekannte sägten im August mobile Hubzüge im Inneren des AKW an. Staatsanwaltschaft: „Sabotageakte“. HEW wiegeln ab ■ Von Heike Haarhoff
Auf das Atomkraftwerk Krümmel ist am 20. August ein Anschlag verübt worden. Im Inneren des Atommeilers wurden an zwei mobilen Hubzügen Kettenglieder des Ratschenzuges durchgetrennt beziehungsweise angesägt. Das bestätigten gestern das Energieministerium in Kiel und die Lübecker Staatsanwaltschaft der taz. „Ich werte das als Sabotageakte“, sagte Oberstaatsanwalt Günter Möller.
Ermittelt wird jetzt wegen Sachbeschädigung sowie versuchten Störens öffentlicher Betriebe. Die Höhe des Schadens ist unklar. Die taz hatte zuvor einen anonymen Anruf erhalten, in dem der Sabotageverdacht geäußert worden war. „Was genau manipuliert worden ist, dazu möchte ich noch nichts sagen“, so Staatsanwalt Möller. Nur soviel: „Wenn so ein Ding (Hubzug, d.Red.) runterknallt, kann das Menschenleben gefährden.“ Und: „Es handelt sich um einen Anschlag von innen her“, von dem die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) als AKW-Betreiberin „wissen müssen“.
Die Pressestelle der HEW dementierte gestern mittag, daß es einen möglichen Sabotageakt in Krümmel gegeben habe. Auch das Lagezentrum im Kieler Innenministerium erklärte, nichts zu wissen. Erst mit den Aussagen der Staatsanwaltschaft konfrontiert, gestand HEW-Sprecher Johannes Altmeppen am Nachmittag, im August Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet zu haben. Der Öffentlichkeit aber verschwiegen die HEW den Vorfall. Man habe die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft „nicht gefährden wollen“, erklärte Altmeppen. Im übrigen gingen die HEW davon aus, daß es sich bei dem Vorfall „höchstens um einen Anschlag auf einzelne Komponenten“ des AKW handele, „und zwar während des Stillstands des Reaktors“.
Krümmel ist seit dem Frühsommer für jährliche Revisionsarbeiten vom Netz. Die beschädigten Hubzüge, so Altmeppen, befänden sich nur während der Überprüfungsarbeiten im AKW, um Speisewasserrohre und Leitungen, die ausgetauscht werden müßten, hochzuziehen. Nicht gebraucht würden sie dagegen für die Überprüfungsarbeiten an den Schweißnähten des Reaktordruckbehälters. Ob die Lastenzüge beschädigt angeliefert wurden oder erst im AKW angesägt wurden, wisse er nicht.
Eigentlich wird Material, das angeliefert wird, zunächst kontrolliert, bevor es ins AKW gelangt. Waren die Lastenzüge schon beschädigt, als sie angeliefert wurden, so bleibt unklar, warum sie die Sicherheitskontrollen unbeanstandet passieren durften.
Auch das Kieler Energieministerium als Atom-Aufsichtsbehörde informierten die HEW nicht auf direktem Weg, sondern am 24. August über das Lagezentrum im Kieler Innenministerium. Es habe „keine Meldepflicht gegenüber der Behörde“ bestanden, weil kein Anschlag „im atomrechtlichen Sinne“ vorgelegen habe, wiegelte Altmeppen ab. Das Energieministerium dagegen erklärte, „die Betreiber schriftlich gerügt“ zu haben, „weil sie die Aufsichtsbehörde nicht sofort informiert haben“. Das Ministerium seinerseits sah keinen Anlaß, öffentlich zu informieren, weil „eine sofortige Veröffentlichung möglicherweise dem Aufklärungsinteresse der Polizei zuwider gelaufen“ wäre.
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