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SUPERMINISTER CLEMENT WIRD DEN WOHLFAHRTSSTAAT EINSCHRÄNKENSchlagstock für die Schwachen

Wolfgang Clement hat den Deutschen Bundestag gestern an die Wand gelabert: Kreditprogramme, Paragrafen, Mittelstandsförderung – dem begnadeten Rethoriker ist es gelungen, hinter dem Schwall der Worte den Kern seiner Rede zu verstecken. „Passivität kann die Gesellschaft nicht mehr tolerieren“, lautete der zentrale Satz. Wenn Superminister Clement das umsetzen darf, wird das Land in vier Jahren ziemlich anders aussehen.

Der Ministersatz ist eine Drohung nicht nur für Kranke, Lahme und Faule, sondern auch für ganz normale Menschen, die aus Versehen ihren Job verloren haben. Aus Sozialhygiene und Kriminalistik kennt man das Gebot der Nulltoleranz gegenüber gesetzeswidrigen Handlungen. Clement kündigt an, dieses Prinzip nun in die Arbeitsmarktpolitik zu übertragen. Arbeitslose wird man so lange nerven, wenn nötig schikanieren, bis sie bereit sind, jeden Job anzunehmen. Der Sozialstaat zeigt ihnen seinen Schlagstock.

Dieser autoritäre Zug ist die eine Seite der Medaille, Clements Plädoyer für Deregulierung die andere. Der Minister will gleich das ganze Arbeitsrecht entrümpeln, etwa Kündigungen und kurzfristige, instabile Arbeitsverhältnisse erleichtern. Damit verleiht Clement Schröders antineoliberaler Wende zurück zum „Primat der Politik“ eine durchaus spezielle Note. Er buchstabiert aus, wie viel Marktradikalismus der sozialdemokratische dritte Weg enthalten soll. Damit übernimmt der neue Minister die traditionelle Rolle seiner Vorgänger an der Spitze des Wirtschaftsressorts.

Nun ist es leider nicht so, dass alle diese Rezepte grundsätzlich falsch wären, wenn man die Arbeitslosigkeit reduzieren will. Auch Holland und Dänemark ist es gelungen, mit einer Kombination aus Druck und Flexibilisierung Erwerbslose in neue Arbeitsmöglichkeiten zu vermitteln. Was allerdings in einem zivilisierten Staat wie Deutschland nicht gehen sollte, ist die gleichzeitige Demontage von rechtlicher und materieller Sicherheit. Genau davor hat Clement gestern selbst gewarnt, als er den neuen Hartz-Leiharbeitern gleichen Lohn und gleiche Arbeitszeit wie normalen Beschäftigten versprach. In der Praxis freilich arbeitet sein Ministerium schon am Gegenteil. Jobsuchenden will man ihr Vermögen, das nicht auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet wird, auf die Hälfte kürzen. Nicht nur mit diesem Plan arbeiten die Sozialdemokraten an der sozialen Polarisierung der Gesellschaft, die sie angeblich verhindern wollen.

HANNES KOCH

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