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STOIBER UND EICHEL WOLLEN KINDERKRIEGEN BESSER HONORIERENAm Problem vorbei

Wer bietet mehr? Mehr Kindergeld und mehr Steuerfreibeträge verspricht Finanzminister Eichel. Nicht genug, meint der Kinderschutzbund – und fordert 600 Mark. Der CSU-Vorsitzende Stoiber plädiert gar für ein Familiengeld von monatlich 1.000 Mark in den ersten Lebensjahren. Armut durch Kinder sei viel bedrohlicher als Altersarmut. Da hat Stoiber Recht. Doch geht es ihm weniger um die Lebensbedingungen von Kindern. Vielmehr will er den Geburtenrückgang stoppen. Er peilt also eine klassische Bevölkerungspolitik an.

Auch dagegen ist zunächst nichts zu sagen. Denn tatsächlich ergraut die Republik: In dreißig Jahren werden auf hundert Erwerbsfähige 71 Senioren kommen. Wie die Sozialversicherungen diese Last schultern sollen, ist völlig offen. Deshalb darf Bevölkerungspolitik kein Tabu sein. Zumal die viel beschworene Zuwanderung nur teilweise weiterhelfen wird. Denn berücksichtigt man die aktuelle Altersstruktur von Migranten, so zeigt sich, dass sie gerade während des schärfsten demografischen Umbruchs von 2010 bis 2040 die Alterung der Gesellschaft noch beschleunigen werden.

Dennoch macht es sich Stoiber mit seinem Ruf nach Babys zu einfach. Denn Deutschland hat ein doppeltes Problem der Kinderarmut: Einerseits werden immer weniger Kinder geboren – doch gleichzeitig leben immer mehr Kinder in Armut. Fast jedes sechste Kind ist zeitweilig von Sozialhilfe abhängig. Schon mangels Ausbildung werden viele später nicht dazu beitragen können, das Wohlstandsniveau zu erhalten.

Statt Kinderprämien zu fordern, muss der strukturellen Familienfeindlichkeit im Erwerbsleben und im Alltag begegnet werden. Kinder bedeuten den Verzicht auf Karriere und Freizeit. Und selbst gut situierte Eltern sind von Armut bedroht – wenn sie arbeitslos werden oder sich vom Partner trennen. Nur wenn sich dies ändert, stimmen die Voraussetzungen, damit Kinder überhaupt die erwarteten Leistungen erbringen können. Doch eine solche umfassende Familienpolitik haben weder Stoiber noch Eichel zu bieten. HARRY KUNZ

Freier Publizist für Sozial- und Gesundheitspolitik

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