STAATLICHE HILFE FÜR DEN BABCOCK-KONZERN IST UNVERMEIDLICH: Eine gewisse Chancengleichheit
Einer der größten deutschen Anlagenbauer, der Oberhausener Babcock-Konzern, steht vor der Pleite. Der Staat – hier vor allem das Land Nordrhein-Westfalen und seine Bank WestLB – haben prompt Bürgschaften und Finanzhilfen angeboten. Die privaten Banken, die die andere Hälfte des Risikos tragen sollen, verhandelten gestern Nachmittag noch, ob sie Babcock noch einmal eine Chance geben. Wieder einmal stellt sich die Frage: Soll, ja darf der Staat ständig bedrängten Firmen helfen?
Warum nicht? Die Alternative wäre ein Ende des Traditionskonzerns mitsamt seinen derzeit noch gut 20.000 Mitarbeitern rund um den Globus. Natürlich wären bei einer Pleite nicht alle Arbeitsplätze gefährdet. Der Konkursverwalter würde das Unternehmen zerteilen und meistbietend verkaufen. Aber tausende Stellen würden einfach verschwinden. Denn in der derzeitigen weltweiten Wirtschaftsflaute wird manches dichtgemacht, was durchaus eine Existenzberechtigung hätte und profitabel wirtschaften könnte. Von den Gegnern staatlicher Hilfe wird ins Feld geführt, dass die staatliche Geldgießkanne nur die schnelle Umorganisation oder gar die Selbstheilung der deutschen Wirtschaft verhindere. Bei Babcock ist das Argument noch nicht einmal so verkehrt, weil der Konzern ähnlich wie Holzmann schon seit Jahren kränkelt. Aber soll ein Ministerpräsident in eine Region wie Oberhausen gehen und sagen „Tut mir Leid, ich will nicht in die Selbstreinigung der Wirtschaft eingreifen und helfe deshalb nicht“?
Natürlich nicht. Er wird und muss einem der größten Arbeitgeber in seinem Bundesland noch einmal Luft verschaffen. Trotzdem wird die Marktwirtschaft sich letztlich durchsetzen. Allerdings haben etwa die Beschäftigten dann länger Zeit, sich auf die Situation einzustellen und sich einen neuen Job zu suchen. Damit würde wenigstens ansatzweise eine gewisse Chancengleichheit hergestellt: Die führenden Manager des Babcock-Konzerns haben nämlich ihre Schäfchen im Trockenen. Sie haben sich rechtzeitig auf sichere, gut dotierte Arbeitsplätze abgesetzt. Von wegen Selbstreinigung. REINER METZGER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen