: SPD wird Weltmeister
Heute stellen die Sozialdemokraten ihr Wahlprogramm vor. Ein Ziel: Fußballweltmeister im Jahre 2006. Reformiert werden sollen dann auch noch der Arbeitsmarkt und die Gesundheitspolitik
BERLIN taz ■ Die SPD hat den Sieg bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 zum Ziel ihrer künftigen Regierungsarbeit erkoren. „Deutschland wird Fußballweltmeister“, heißt es schlicht und lapidar im Entwurf des SPD-Wahlprogramms, das Gerhard Schröder heute vorstellen wird. Ob der Kanzler jetzt den Fußball zur Chefsache erklärt und, falls er gewählt wird, Einfluss auf die Mannschaftsaufstellung nimmt, ist aus dem Wahlprogramm nicht zu ersehen.
Wenn er es wollte, könnte er es aber. Denn Gerhard Schröder, so weiß das Programm, hat alle Qualifikationen, die ein guter Trainer braucht. „Er ist mit Leidenschaft bei der Sache, er führt entschieden und macht Mut.“ Außerdem hat er „Vertrauen“ und „Zuversicht“.
Manchmal so viel, dass er erst mal ein bisschen abwartet, ob nicht von allein etwas passiert. „Die Finanzpolitik hat nicht agiert“, sagte gestern Konjunkturexperte Gustav-Adolf Horn, als die sechs großen Wirtschaftsforschungsinstitute ihr jährliches Frühjahrsgutachten vorstellten. Nach dem 11. September 2001 empfahlen die Ökonomen, etwas mehr Geld auszugeben und etwas weniger zu sparen, um die Konjunktur zu stützen. Doch die rot-grüne Regierung tat einfach gar nichts.
Demzufolge werde die Wirtschaft in diesem Jahr nur um 0,9 Prozent wachsen, prognostizieren die Institute. Durchschnittlich 3,96 Millionen Menschen würden im Jahr der Bundestagswahl arbeitslos bleiben. Die Ökonomen bescheinigen dem Wirtschaftskanzler, dass er sein eigenes Ziel, die Arbeitslosenziffer auf 3,5 Millionen zu senken, weder 2002 noch 2003 erreichen kann.
Während der Feier zum 50-jährigen Bestehen der Bundesanstalt für Arbeit kündigte Schröder gestern an, in der kommenden Wahlperiode die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen: „Wir werden das angehen müssen und auch tun.“ Zu vermuten ist, dass diese Reform das Niveau der Arbeitslosenhilfe senken wird. Allerdings äußerte sich der Kanzler dazu so wenig eindeutig wie das neue SPD-Wahlprogramm.
Konkreter wird das Papier hingegen bei der Gesundheitspolitik. So ist vorgesehen, die „Versicherungspflichtgrenze“ hochzusetzen. Damit soll es jungen Berufstätigen erschwert werden, die gesetzlichen Krankenkassen zu verlassen und sich privat zu versichern. Darüber hinaus lehnt die SPD eine „Zweiklassenmedizin“ ab; es soll keine Aufteilung in Wahl- und Pflichtleistungen geben. Darüber hinaus konnte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt durchsetzen, dass die Ärzte nur ein wenig entmachtet werden. Sie – und nicht die Krankenkassen – werden weiterhin dafür zuständig sein, die Gesundheitsversorgung in den einzelnen Regionen sicherzustellen. ULRIKE HERRMANNHANNES KOCH
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