SPD streitet über Kanzlerkandidaten: Steinbrück prescht vor
Der Ex-Finanzminister Peer Steinbrück will Kanzlerkandidat der SPD werden. Die Generalsekretärin Andrea Nahles ist empört. Doch die Parteirechte unterstützt ihn.
KÖLN taz | In der SPD ist ein Streit um ihren nächsten Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2013 entbrannt. Anlass ist ein Interview Peer Steinbrücks, mit dem sich der ehemalige Bundesfinanzminister selbst für den Job ins Gespräch gebracht hat. "Der Zeitpunkt wird kommen, wo ich mich in Absprache mit zwei oder drei Führungspersönlichkeiten der SPD darüber zusammensetze", sagte der 64-Jährige in einer am Sonntag ausgestrahlten Talksendung des Hessischen Rundfunks. Während SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und Parteilinke kräftig verstimmt auf den Vorstoß reagierten, kommt Unterstützung für Steinbrück vom rechten Parteiflügel.
Für den Fall seiner Kandidatur kündigte Steinbrück vollen Einsatz an: "Wenn Sie sich entscheiden, für so etwas zu kandidieren, dann mit voller Kraft und mehr als 100 Prozent." Denn "dann wollen Sie gewinnen, und zwar mit jeder Faser Ihres Körpers", sagte der Bundestagsabgeordnete, der sich nach der Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 aus der SPD-Spitze zurückgezogen hatte. Allerdings, so fügte er hinzu, sei die Frage für ihn "noch nicht geklärt". Denn zum jetzigen Zeitpunkt halte er eine Kandidatendiskussion in der SPD für falsch. "Ich würde mit jeder öffentlichen Einlassung eine solche zunächst intern zu führende Debatte mehr irritieren und belasten", so Steinbrück.
Doch das Signal ist angekommen - und sorgt für Aufregung. "Selbstausrufungen sind in einer modernen demokratischen Partei wie der SPD aus der Mode gekommen", kanzelte Andrea Nahles im Tagesspiegel Steinbrück ab. Ähnlich äußerten sich auch Vertreter der Parteilinken, wie der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ralf Stegner. "Es ist jetzt überhaupt nicht die Zeit, sich selbst ins Gespräch zu bringen", sagte Stegner der Bild am Sonntag.
"Diskussion völlig überflüssig"
Diplomatischere Töne schlug der Vizevorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Jochen Ott, an. "Ich bin froh, dass die SPD mehrere Leute hat, die in der Lage sind, das zu machen", sagte Ott der taz. "Peer Steinbrück gehört sicherlich dazu." Allerdings bestehe gegenwärtig "absolut keine Notwendigkeit" für eine Diskussion über den künftigen Kanzlerkandidaten. Deswegen sei sie derzeit auch "völlig überflüssig".
Offensive Rückendeckung erhält Steinbrück vor allem von der Parteirechten. "Natürlich gehört er zu dem Kreis potenzieller Kandidaten und ich bin froh, dass er das auch so sieht", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Garrelt Duin, Spiegel Online. "Jeder in der SPD sollte sich über Peer Steinbrück als starkes Aushängeschild freuen." Aus den Reihen der konservativen Seeheimer wird der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident schon seit einiger Zeit ins Gespräch gebracht.
Neben sich selbst und dem SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel Mitte April alle gewählten SPD-Ministerpräsidenten als potenzielle Kanzlerkandidaten genannt. Eine Entscheidung darüber, wer für die SPD seinen Hut gegen Amtsinhaberin Angela Merkel in den Ring wirft, soll nach den Vorstellungen der SPD-Führung jedoch frühestens in einem Jahr fallen.
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