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SPD-Stadtrat über Bettensteuer"Die Abgabe ist Notwehr"

Der SPD-Stadtrat Martin Börschel will in Köln eine Bettensteuer für Hoteliers einführen. Und wieder hereinholen, was schwarz-gelbe Steuergeschenke die Stadt kosten.

Weich gebettet: Die Koalition hat den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen gesenkt. Bild: photocase
Interview von Lukas Dubro

taz: Herr Börschel, Sie haben vorgeschlagen, in Köln eine sogenannte Bettensteuer für Hoteliers einzuführen. Was müssen wir uns darunter vorstellen?

Martin Börschel: Bei der "Kulturförderabgabe", wie wir sie nennen, handelt es sich um eine kommunale Aufwandssteuer für Hoteliers, die uns das Grundgesetz in Artikel 105 ermöglicht. Gedacht ist, 5 Prozent der Nettoeinnahmen für Übernachtungen aus dem Hotelgewerbe abzuführen, um sie der Kölner Kulturpolitik zur Verfügung zu stellen. Ein ähnliches Modell gibt es bereits in Weimar.

Bild: dpa
Im Interview: 

Martin Börschel, 37, ist Mitglied des Rates der Stadt Köln und Chef der dortigen SPD-Fraktion. Seit 2005 sitzt er im Landtag NRW.

Geschenk für Hoteliers

Gesetz: Die Steuernachlässe für Hotelübernachtungen sind Teil des sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes. Dieses Gesetz der schwarz-gelben Koalition trat am 1. Januar in Kraft. Es kostet Bund, Länder und Kommunen 8,5 Milliarden Euro. Das Paket beinhaltet unter anderem höhere Kindergeldsätze, Entlastungen bei der Erbschaftsteuer oder bei der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen.

Übernachtungen: Auf Drängen der CSU sank der Mehrwertsteuersatz im Hotelgewerbe von 19 auf 7 Prozent, die Entlastung kostet den Staat 945 Millionen Euro. Dadurch könnten Übernachtungen billiger werden. Nach Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes wird das Geld aber eher für "dringend notwendige" Investitionen verwendet. TAZ

Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat mit ihrem Wachstumsbeschleunigungsgesetz den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent reduziert. Durch das Gesetz werden der Stadt Köln 2010 16 Millionen und ab 2011 jährlich etwa 26 Millionen Euro fehlen.

Was bedeutet dieser Vorschlag für die Hotelbranche vor Ort?

Wir schöpfen den Hoteliers etwa 50 Prozent des Betrages ab, den sie durch die schwarz-gelbe Klientelpolitik bekommen. Um es in Zahlen auszudrücken: Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bedeutet für das Kölner Hotelgewerbe etwa 40 Millionen Euro Entlastung pro Jahr - und aus der Kulturförderabgabe würden wir etwa 20 Millionen Euro generieren.

Wissen Sie, was die Hoteliers mit den übrigen 20 Millionen anfangen wollen?

Sie könnten zum Beispiel die Preise für Übernachtungen senken. Aus der Presse habe ich jedoch erfahren, dass sie das mitnichten tun werden. Die Branche plant stattdessen, das Geld zu behalten.

Wie weit sind Sie mit Ihrer Initiative?

Wir haben den Antrag im Stadtrat gestellt, dieser muss nun noch beschlossen werden. Anschließend muss die Satzung dann noch von der Landesregierung genehmigt werden. Die Landesinstanz muss passiert werden, da wir mit unserem Antrag Vorreiter in Nordrhein-Westfalen sind.

Stößt Ihr Plan im Stadtrat auf positive Resonanz?

Die Grünen und der Oberbürgermeister haben uns ihre Unterstützung signalisiert. Damit wäre eine Mehrheit schon sicher.

Halten Sie Ihre Inititative für eine Möglichkeit, Beschlüsse des Bundes zu umgehen?

Natürlich. Es kann ja keiner von uns erwarten, dass wir erkennbar unsinnige und unverantwortbare Beschlüsse und Klientelgeschenke des Bundes auch noch dankbar hinnehmen. Der Bund macht schließlich dieses Klientelgeschenk an die Hoteliers auf Kosten der Steuerzahler, der nachfolgenden Generationen und der Gemeinden. Wir holen uns über diese Abgabe in etwa das zurück, was uns der Bund für seine Klientelpolitik wegnimmt. Insofern begreifen wir das, was wir da tun, als Notwehr.

Denken Sie, dass es Nachahmer geben wird?

Ich will nicht vorgreifen. In Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus gibt es viele, die sich gegen die absolut kommunalfeindliche Politik der Landesregierung, aber auch Bundesregierung zur Wehr setzen wollen. Wir haben etliche Anfragen, die bei uns nachhören, was wir in Köln machen. Insofern gehe ich davon aus, dass wir vielleicht in Nordrhein-Westfalen die Ersten sind, aber gewiss nicht die Letzten sein werden.

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4 Kommentare

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  • W
    Wähler

    Wer befreit das Volk von solch schwachsinnigen und raffgierigen Politikern?

     

    Politikerstossgebet:

     

    Lieber Gott!!

    Was muss ich vertretem um gewählt zu werden???

    Wie komme ich zu meiner Persion??

    Was mache ich nach meinem Rückttritt??

  • WS
    Wilfried Schade

    Nun erhalte ich als "reicher" Hotelier Geschenke vom Staat. Irre, wie der Sinn der Mehrwertsteuersenkung bewusst verdreht wird. Seit Jahren kämpfe ich als Kleinhotelier (die Mehrzahl der Kölner Hotels!!) wie viele anderen Kollegen ums Überleben. Durch Dumpingpreise hat man eine akzeptable Auslastung, aber kaum noch Gewinn. Preissenkungen? Wohin denn? Auf Jugendherberge-Preisniveau bin ich doch längst. Mit der Steuerersparnis wollte ich eine längst überfällige Rezeptionskraft einstellen und Handwerksarbeiten beauftragen. Nun von mir sofort auf Eis gelegt. So wird das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wieder teilweise kaputt geredet und gemacht. Die Herren Börschel und Walter-Borjans möchten gerne in die Schlagzeilen, man hat wohl noch landespolitische Ambitionen, wenn auch nur mit unsäglichen Verdrehungen und Falschdarstellungen. Nun kann mal wieder der Erzfeind der SPD, der Unternehmer, diffamiert werden. Übrigens 20 % meiner Gäste sind "Touristen", davon kommen 75 % wegen privater Medienveranstaltungen. Bleiben 5 % die die Errungenschaften der Stadt Köln nutzen. Angesichts der Geldverschleuderung der Stadt Köln und der Skandale, wie Spenden, Trienekens und Messehallen wird es mir bei dieser von der SPD losgetretenen Forderung (kotz)übel! Ich hoffe, dass die Genossen damit kräftig auf den Bauch fallen. Fragt doch mal in Düsseldorf (ausgerechnet!) nach, wie man einen gesunden Haushalt schafft. Mit sozialistischem Gruß.

  • T
    Thomas

    @ Friedrich Grimm

    Was hat Ihr Kommentar mit der Forderung von 5% der Nettoeinnahmen zu tun ?

     

    Aber zur Sache: Ländersteuern finde ich gut.

     

    Verfassungsrechtlich ist gegenwärtig höchstens eine Abgabe, vergleichbar der Kurtaxe, auf den Rechnungsbetrag möglich.

     

    Eine kommunale Einkommenssteuer, auch auf Nettoeinnahmen) geht nicht. Die Antworten des Herren sind leider unqualifiziert. Nur mal so.

  • FG
    Friedrich Grimm

    Ist es nicht ein Trauerspiel, dass sich Städte zu solchen Maßnahmen wie einer Bettsteuer gezwungen sehen? Und das nur, weil die neu gewählte Bundesregierung unsinnige Beschlüsse fasst und nichts auf die Reihe bringt. Zur Erinnerung: Als 1998 Rot/Grün gewählt war, wurde seitens der heutigen Regierungsparteien aus allen Rohren gegen Rot/Grün geschossen. Herr Schäuble erklärte damals: "Die wissen nicht einmal was sie tun müssen!" Und noch etwas, als Herr Schäuble dann mit seiner 100.000 DM Spende konfrontiert wurde, wusste er nicht einmal was er zu tun gehabt hätte. So viel zu damals. Heute ereifert und gebärdet sich ein Herr Westerwelle wie ein Heilsbringer und Missionierer. Mal brüllt er von "Hirnverbranntheit" ein anderes Mal tobt er von Dekadenz, weil kein normaler Mensch den Mist, den er zusammen mit Frau Merkel mit diesem "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" zuwege gebracht hat, versteht. Der ehemalige Oberbürgermeister von Stuttgart, M. Rommel hat einmal gesagt: "Um so viel Mist zu bauen, da muss man schon studiert haben!"