SPD-Politiker über Schottdorf-Verfahren: „Ein sehr fader Beigeschmack“
Franz Schindler sitzt im Untersuchungsausschuss, der gegen den Arzt Schottdorf ermittelt. Der soll jahrelang Laborleistungen falsch abgerechnet haben.
taz: Herr Schindler, seit Langem gehen Sie der Frage nach, ob es eine politische Einflussnahme in der Causa Schottdorf gegeben hat. Gab es sie?
Franz Schindler: Dafür gibt es bislang keinen Nachweis. Aber natürlich hat das Ganze einen sehr faden Beigeschmack, das ist doch klar. Schottdorf ist CSU-Mitglied und hat der Partei größere Spenden zukommen lassen. Er hatte auch stets sehr einflussreiche Anwälte, etwa Peter Gauweiler oder den früheren Justizminister Hermann Leeb. Aber die Behauptung, er sei immer geschont worden, weil er ein CSU-Amigo ist, ist schlicht falsch. Es gab jede Menge Verfahren. Zum Teil wurde er auch zu hohen Geldstrafen verurteilt.
Diese Woche sagen vor dem Ausschuss wichtige Zeugen aus: der Münchner Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel und sein Vorvorgänger Christoph Strötz. Was fragen Sie sie?
Nötzel war ja 2008 der Chef der Staatsanwaltschaft München I, Strötz Generalstaatsanwalt. Wir wollen von den beiden wissen, weshalb sie nicht verhindert haben, dass in Tausenden Ermittlungsverfahren gegen Ärzte die Verjährung eintritt.
Es geht um Ärzte, die mit dem Labor Schottdorf zusammengearbeitet haben und denen Abrechnungsbetrug vorgeworfen wurde. Die Verfahren wurden dann bis auf ein Pilotverfahren in München an die Staatsanwaltschaft Augsburg abgegeben.
Genau. Und dort wurden sie innerhalb weniger Wochen eingestellt. Wir fragen uns also schon, weshalb die Staatsanwaltschaft in München so verfahren ist – gegen den Willen des ermittelnden Staatsanwalts.
Untersuchung: Seit über einem Jahr beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags mit dem Laborarzt Bernd Schottdorf. Bei der Affäre geht es um falsche Arztabrechnungen und mögliche Einflussnahme von Politikern und Justizbeamten. Bei der Einstellung von mehr als tausend Verfahren gegen Ärzte soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Das CSU-geführte Justizministerium und Staatsanwälte könnten Druck ausgeübt haben, damit Schottdorf nicht belangt wird. Der Vorwurf wurde von LKA-Beamten erhoben.
Ungereimtheiten: Augsburger Staatsanwälte stellten die Ermittlungen ein, ohne ein Pilotverfahren in München abzuwarten. Der Prozess endete damals mit einer Gefängnisstrafe von mehr als drei Jahren für den Arzt – wegen Betruges. Dieses Urteil wurde später vom Bundesgerichtshof bestätigt.
Gibt es denn einen guten Grund, warum die Verfahren eingestellt wurden?
Es ging ja damals darum, ob es Betrug ist, wenn Ärzte Speziallaborleistungen ihren Patienten direkt in Rechnung stellen und die Rechnung nicht vom Labor an die Patienten geschickt wird. So konnten die Ärzte nämlich damals von Rabatten profitieren, die ihnen Schottdorf gewährte. Wenn man das als Betrug betrachtet, hat natürlich auch das Labor massive Beihilfe zum Betrug geleistet. Und diese Frage ist sehr umstritten.
Aber der ermittelnde Staatsanwalt in München war der Meinung, es sei Betrug.
Das stimmt. Aber eine Staatsanwaltschaft ist eine streng hierarchische Behörde. Und die vorherrschende Meinung war damals, dass der Tatbestand des Betrugs nicht erfüllt war. Das sahen auch Strötz und Nötzel so. Deshalb musste sich der ermittelnde Staatsanwalt auf das Pilotverfahren beschränken.
Wenn aber alle anderen Verfahren eingestellt werden, was für ein Sinn hat dann ein Pilotverfahren?
Franz Schindler, 59 Jahre, sitzt für die SPD im Bayerischen Landtag. Als Vizevorsitzender des Untersuchungsausschusses erkundet der Jurist seit gut einem Jahr die Affäre um den Laborarzt Bernd Schottdorf und mögliche Spezl-Wirtschaft.
Genau das ist der Punkt. Die Staatsanwälte in Augsburg hätten darauf Rücksicht nehmen müssen, dass zur Klärung dieser Frage ein Prozess läuft. Zumindest hätte man durch ein Anschreiben an die Ärzte verhindern müssen, dass Verjährung eintritt.
Inzwischen hat ja der Bundesgerichtshof bestätigt, dass es Betrug war.
Aber damals gab es das Urteil noch nicht, die Staatsanwälte konnten sich also in der unklaren Rechtslage auf ihre eigene Überzeugung berufen.
Worauf hoffen sie?
Dass wir doch noch einen Nachweis für eine politisch motivierte Einflussnahme finden. Beispielsweise wenn es etwas Schriftliches gäbe. Oder eine eindeutige Zeugenaussage.
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