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SPD-Parteitag in AugsburgGabriel wütet gegen Westerwelle

Der SPD-Parteitag in Augsburg hat begonnen – und die Umfragewerte für die Partei sausen nach unten. Zeit für einige Attacken aus der SPD-Führung.

Klar: „Das Wir entscheidet“. Aber über was? Bild: reuters

BERLIN/AUGSBURG rtr/dpa | Kurz vor dem Parteitag zur Verabschiedung des Programms für die Bundestagswahl haben sich die SPD und ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erneut mit schlechten Umfragewerten befassen müssen. Gut fünf Monate vor der Wahl bauten CDU und CSU einer Emnid-Erhebung zufolge ihren Vorsprung in der Wählergunst aus.

In der wöchentlichen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts für die Bild am Sonntag legte die Union um zwei Prozentpunkte auf 41 Prozent zu, wie die Zeitung berichtete. Die SPD verharrte dagegen bei 26 Prozent. Die Grünen verloren einen Punkt auf 14 Prozent. Unverändert lagen die Werte der FDP mit fünf Prozent, der Linkspartei mit acht und der Piraten mit drei Prozent.

Auch Steinbrück bleibt in den Umfragen unter Druck. Emnid zufolge denken 48 Prozent der SPD-Anhänger, dass die Partei mit einem anderen Spitzenkandidaten besser da stünde, 44 sehen das nicht so. Noch weniger Rückhalt hat Steinbrück demnach bei der Gesamtwählerschaft: 53 Prozent der Deutschen seien der Ansicht, dass die SPD mit einem anderen Kandidaten besser da stünde.

Die SPD und Steinbrück waren in den Umfragen in den vergangenen Wochen abgerutscht. Eine Mehrheit für die zum Ziel erklärte rot-grüne Koalition ist derzeit nicht in Sicht. Auch im direkten Vergleich mit Kanzlerin Angela Merkel hatte Steinbrück zuletzt deutlich verloren. Auch in einer Umfrage von Infratest-Dimap schneidet die SPD nicht gut ab.

Mit Spannung wird daher die Rede Steinbrücks auf dem Parteitag in Augsburg erwartet, auf dem die SPD im Tagesverlauf ihr Programm für die Bundestagswahl (pdf) am 22. September verabschieden will.

Gabriel attackiert Westerwelle

Bereits zuvor hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel Außenminister Guido Westerwelle (FDP) einen indirekten Vergleich der SPD mit der SED vorgeworfen. „Etwas Skandalöseres habe ich in den letzten Jahren nicht gehört, als diesen Vergleich mit der SED“, sagte Gabriel am Samstagabend vor dem Bundesparteitags in Augsburg.

Westerwelle hatte zuvor auf einem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen FDP gesagt, das SPD-Wahlkampfmotto „Das Wir gewinnt“ erinnere ihn an das frühere SED-Motto „Vom Ich zum Wir“. „Unter dem Motto 'Vom Ich zum Wir' verloren bis 1960 in der damaligen DDR 400.000 Bauern ihre Eigenständigkeit, 15 000 Bauern flohen in den Westen, 200 wählten den Freitod“, sagte der Spitzenkandidat der NRW-FDP für die Wahl.

„Es besorgt mich dieses Maß an mangelndem Geschichtsbewusstsein, dass wir schon vergessen haben, was passiert, wenn das Kollektiv Vorrang hat vor der einzelnen Persönlichkeit“, betonte Westerwelle. Gabriel verurteilte dies scharf: „Offensichtlich hat er Schiss. So äußert sich nur einer, der genau weiß, dass die Egoisten am 22. September abgewählt werden.“ Sozialdemokraten seien vom DDR-Regime verfolgt worden. Die SPD will das „Wir“ im Bundestagswahlkampf in den Fokus stellen und gegen ein Auseinanderdriften der Gesellschaft kämpfen.

Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wirbt für einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, eine Solidarrente von monatlich 850 Euro für langjährige Beitragszahler sowie für einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent. Zudem will er bundesweit eine Mietenbremse einführen.

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8 Kommentare

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  • S
    stefanolix

    Herr Gabriel hat recht: Die Egoisten werden abgewählt. Zu Beispiel der Egoist Steinbrück, der sich nicht zu schade war, von den Stadtwerken der hochverschuldeten Kommune Bochum 25.000 Euro für einen Vortrag und eine Diskussion von wenigen Stunden zu kassieren. Für dieses Geld hätten die Stadtwerke einen qualifizierten Netzmonteur ein ganzes Quartal gut bezahlen können.

  • L
    LocksteinW

    Wenn man die Leserkommentare hier liest, dann freut man sich...

     

    Wie in den Kommentaren richtig angemerkt wurde - und wie im Artikel unterschlagen wurde - hat Gabriel nicht den SED-Vergleich einfach zurückgewiesen, sondern daran erinnert, dass ausgerechnet ein Generalsekretär Westerwelle durch Übernahme der Mitglieder der LDPD und des Vermögens (---> deutsches Recht ist hier klar strukturiert) die Rechtsnachfolge der FDP als Blockflöten-Nachfolgepartei begründet hätte, weshalb ER diesen SED-Vergleich besser nicht gebracht hätte.

     

    Nur zur Vervollständigung: die FDP ist nicht die einzige Blockflöten-Nachfolgepartei. Die CDU ist es auch.

     

    Wird gerne verschwiegen.

  • D
    Detlev

    Ich denke mal, dass Steinbrück Mitte April noch da ist, sprich sehr dafür, dass er im September immer noch da sein wird. Dann werden die Leute in der Partei ihn aber hassen. Das Problem der SPD ist, dass ihr niemand wirklich glaubt. Diese Partei ist eben bekannt dafür, die Menschen hinters Licht zu führen. Noch Ende 2012 lobte Steinbrück die Agenda 2010. Und was bedeutet das im Kern?

     

    Es bedeutet: Niedriglöhne, Working Poor (Arm trotz Arbeit), schwache Gewerkschaften, aggressive Arbeitgeber und perspektivlose Armut für mindestens 10 Prozent der Bevölkerung. Warum soll das jemand in der oberen Unterschicht gut finden?

  • D
    dieter

    @Eulenspiegel

    vielleicht hat er es ja auch so gemeint.

    Die SPD ist inzwischen so neoliberal, dass sie mit Demokratie soviel anfangen kann wie die SED.

    Wobei es dann natürlich eher heißen müsste:

    CDUSPDFDPGRÜNE gleichen der SED.

    Dann würde ich sogar Mal Herrn Westerwelle zustimmen.

  • E
    Eulenspiegel

    Diese Partei FDP scheint die Partei der Infantilisten zu sein. Die haben einen infantilen Gesundheitsminister, einen inf... Wirtschaftsminister, einen Gigahoko als Außenminister,einen satirischen Bahr, eine Witzfigur namens Brüderle, und einen wer-

    weiß-was Niebel.- Eine durchaus neoliberale Partei wie die SPD mit der SED zu vergleichen ist wohl der absolute Unverstand.Eher schon, könnte man Westerwelle mit einem Göbbels vergleichen(verführen durch reden).

  • G
    GMNW

    Da meine Eltern -Landwirte- vor ihrer Flucht ganz massiv von der Zwangskollektivierung betroffen waren, kann ich Westerwelle mit seiner Verknüpfung zum Slogan der SPD nur unterstützen!

    Selbst Karl Marx hatte den Sozialismus definiert als "eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist". Und nicht umgekehrt!

    Das Willy Willy Brandt - Haus ist inzwischen ein Tollhaus geworden!

    Herbert Wehner hätte ganz bestimmt diesen Kandidaten schon längstens gefeuert bzw, desse Nominierung erst gar nicht zugelassen!

  • A
    andreas

    ach, herr westerwelle wird scharf angegriffen. na und?! wen interessierts? die spd hat auch mit unterstützung der grünen seit jahren NUR mist gebaut. was genau ist den von sozialdemokratisch noch übrig? mir fällt nix ein. die werden eingehen wie die primeln. natürlich verstehe ich auch nicht wo die guten umfragewerte für die cdu herkommen.

  • G
    GuidoNichtVersteher

    Klassischer Fall von spätrömischer Gedächtnisdekadenz gepaart mit Demenz-Overkill zum schmählichen und willfährigen Kurs der DDR-Blockpartei LDPD ("Liberaldemokarten") bis zum Ende der Mauer 1989. Ganz zu schweigen von der ansatzlosen Übernahme deren Parlamentarier in die FDP.