■ Rosi Rolands unglaubliche Bremer Geschichten: SPD-Entvölkerung
Das war ein Wahlabend, was? Plötzlich waren vor allem die einen gut drauf, von denen man es am allerwenigsten erwartet hatte. Die Bremer SPD lag ziemlich gut im Rennen – alles wird gut bei den Sozis, könnte man meinen. Mitnichten! Der Wahlkampf zur Bürgerschaft hat begonnen, aber niemand weiß, wer denn da als SPD antreten will, denn: Wir erleben eine sozialdemokratische Entvölkerung.
Da wäre zum Beispiel Elke Steinhöfel. Schon heute kann sie sich wieder auf einen Job in der Sozialverwaltung vorbereiten, denn sie hat harte Konkurenz in ihrem Ortsverein bekommen. Dagmar Burgdorf, zwar weitgehend unbekannt, aber immerhin hat sie den Sprung in den Landesvorstand schon geschafft. Da gibt es wenigstens noch Konkurrenz. Ganz im Gegensatz dazu: Barbara Noack, hochgeachtet bei Freunden und Gegnern. Auch auf sie wird die SPD verzichten müssen, pfeifen die Parteispatzen von den Dächern. Sie hat schlicht keine Lust mehr. Wer kommt dann? Man weiß es nicht.
So geht eine nach der anderen, und vollends unklar ist, wer die Fraktion in Zukunft führen soll. Einer der Lotsen springt von Bord. Im wahrsten Sinn des Wortes, schließlich ist der stellvertretende Fraktionschef Reinhard Barsuhn Kapitän auf ganz kleiner Fahrt, Hafenkapitän eben. Der ist auch bald weg. Sein alter Kumpel Claus Grobecker hat ihm einen Job bei der Deutschen Seereederei besorgt.
Der Lotse geht und der Käptn will gleich hinterherspringen – nur traut der sich nicht. Der Mann scheint wasserscheu zu sein. Fraktionschef Claus Dittbrenner werden schon lange Abwanderungsgelüste nachgesagt. Mal sollte er Geschäftsführer bei der Bremischen werden, aber kurz vor dem Ziel hatte er immer die Hosen voll. Diesmal war es genauso. Als der Verkauf der Beamtenbaugesellschaft anstand, ließ Dittbrenner nichts unversucht, die Bremer Firma Zechbau ins Spiel zu bringen. Beim Finanzsenator Fluß soll er sich fast am Hosenbein festgekettet haben, um den von einer „bremischen Lösung“ zu überzeugen – obwohl der Mönchengladbacher Anbieter -zig Millionen mehr geboten hatte. Und wenn deren Angebot nicht gar soviel besser gewesen wäre, hätte er sein Ziel vielleicht auch erreicht. Aber so war nichts mit Zech, und Dittbrenner hat sich wieder nicht getraut. So bröckelt es in der Sozialdemokratie, nur der Fraktionschef steht wie ein schwarzer Zahn in einem alten Gebiß. In diesen harten Zeiten aber auch tröstlich, irgendwie, findet Ihre Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen