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SPD-Basis uneins über BahnprojektZoff um Stuttgart 21

Bei dem Bahnprojekt ist die SPD in Baden-Württemberg nicht so geschlossen, wie die Spitze suggeriert. Die Gegner wollen keine Volksabstimmung.

Baden-Württembergs SPD-Spitzenmann Nils Schmid. Die SPD ist bei Stuttgart 21 gespalten. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Wie ein Pendel bewegt Nils Schmid seine aneinandergedrückten Finger. "Stresstest - Volksabstimmung. Stresstest - Volksabstimmung. Stresstest - Volksabstimmung." Doch was der baden-württembergische SPD-Landeschef beim Streitthema Stuttgart 21 als "Brückenschlag zwischen Gegnern und Befürwortern" verkaufen will, fruchtet selbst bei der eigenen Basis nicht richtig. In der rumort es wegen des Bahnprojekts gewaltig.

Auf einer Regionalkonferenz am Montagabend in Karlsruhe war Stuttgart 21 der Begriff, den Schmid von den SPD-Mitgliedern am häufigsten hörte. Der Abend zeigte, dass die Partei längst nicht so geschlossen ist bei dem Thema, wie es die Parteispitze gerne vorgibt. Die meisten Befürworter an der Basis würden sich zwar mit einer Volksabstimmung zufrieden geben. Nicht jedoch die S-21-Gegner.

Das hat vor allem einen Grund: das Quorum bei einem Volksentscheid. Um das Projekt über eine Volksabstimmung tatsächlich zu kippen, müssten mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten dagegen stimmen. Die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen würde nicht reichen. Auch der Verein Mehr Demokratie bescheinigte daher den S-21-Gegnern kürzlich geringe Erfolgsaussichten. "Der Volksentscheid dient nur dazu, das Projekt am Leben zu halten", sagte ein Genosse am Montag. Ein anderer warf der SPD-Parteispitze vor, die Volksabstimmung sei nur ein Köder für S-21-Gegner vor der Wahl gewesen.

"Das mit dem Ausstieg ist halt nicht so trivial", erwiderte Schmid. Es gelte natürlich die Sprechklausel, wonach sich alle Beteiligten noch einmal an einen Tisch setzen würden, falls die Gesamtkosten die Grenze von 4,5 Milliarden Euro übersteigen. "Wir beteiligen uns aber nicht an irgendwelchen Spekulationen." Auch wies Schmid den Vorwurf zurück, die Volksabstimmung nur als Köder benutzt zu haben: "Wer ein taktisches Verhältnis zum Volksentscheid hat, der soll gleich einpacken."

Eine Absenkung des Quorums wäre nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament möglich. Dazu bräuchte Grün-Rot Stimmen der CDU und FDP, die hinter Stuttgart 21 stehen.

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21 Kommentare

 / 
  • T
    Torben

    Ich würde mich riesig freuen, wenn mir mal jemand erklären oder verlinken würde, warum eine Mehrheit gegen Stuttgart 21 bei einer Volksabstimmung, die das Quorum für eine bindende Entscheidung nicht erreicht, am Ende die Fortsetzung bedeuten würde.

     

    Warum könnte die Landesregierung dann nicht einfach das Ergebnis nehmen und freiwillig umsetzen?

  • G
    gunT19

    Wie blöd muss den diese SPD sein? Einfach mal das Tunnelprojekt in Leipzig reinziehen. Da hat`s sich ja nur verdoppelt... und der ist im Vergleich zu S21 ja nur ein Tünnelchen. Also SPD in BW. Werdet mal wieder klar im Kopf!

  • M
    Moralist

    Bei den Kommentaren ist, von Ausnahmen abgesehen, eine vehemente Beschränktheit und kleinbürgerliche Spießigkeit zu erkennen, die mich seit 25 Jahren davon abhält länger als unbedingt nötig im Ländle zu weilen.

    Landschaftlich sehr angenehm, aber leider auch Hort eines subtilen Faschismus, der auch in der SPD ein zuHause hat, die ja stets durch radikalen Opportunismus glänzt, quasi als Partei ohne Eigenschaften, die mit jedem ins Bett geht.

    Hauptsache er zahlt gut.

  • IS
    ihr scheindemokraten lol

    Herr schmid kann gleich einpacken

    wir brauchen keinen 2ten Führer!

    kleiner Tip:

    demokratie hat was mit mehrheitsverhältnissen zu tun!nicht mit Vertuschung!

    die SPD demontiert sich selbst!

    jeder sollte sich nochmal überlegen warum er sein Parteibuch hat!

    viel spass bei der nächsten Bundestagswahl

    mit stimmen auf FDP Niveau!

    tja den Wandel der Bevölkerung verpasst -

    die gehn auf einmal wählen und machen nicht mehr alles mit!

     

    http://21einundzwanzig.de/366/der-verpasste-ausstieg

  • F
    Freidemokrat

    Bis heute ist nicht mal geklärt, was überhaupt abgestimmmt werden kann. Meine letzte Info ist, dass wenn überhaupt und selbst dazu wäre eine Gesetzesänderung notwendig, einzig über die Landesmittel, ca. 900mio Euro abgestimmt werden kann. Sprich, man müßte sich hinterher lediglich drauf verständigen, dass diese Mittel vom Bund, der EU und der Bahn aufgebracht werden und schon wird weiter gebaut. Mich wundert jedoch die offensichtliche Angst der SPD/Grünen vor dem Volk, welches sie doch komplett hinter sich vermuteten und wohin es hinters Licht geführt wurde. Baden Würtemberg besteht wohl doch aus ein paar mehr Bürgern als den paar tausend Demonstranten, die den Schlosspark verwüsteten und gegen die nun tausende Anklagen wegen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und und und anhängig sind. Neben S21 bin ich nun mal gespannt, wann die Grünen eine Endlagererkundung in BW beginnen werden und wann die AKW im Südwesten abgeschaltet werden. Hat man doch auch dazu noch ein paar aufgehetzte "Wutbürger" am Hals die nun auch entsprechendes Handeln erwarten dürfen. Die Hindernisse die nun ein einfacher Koalitionsvertrag zwischen zwei "Liebespartnern" aufzeigt lassen für die nächsten 5 Jahre nichts Gutes vermuten. Anscheinend möchten sich die Baden Würtemberger auf diesem Weg ihren Länderfinanzausgleich zurückholen! Armes Ländle aber wie immer in einer Demokratie, "selbst schuld"!

  • RF
    ric fun

    wer das Interview mit Herrn Schmid,Nils im DLFunk kurz nach der Wahl gehört hat, dem wurde sofort klar, die SPD spielt wieder mal mit gezinkten Karten,... ein Volksentscheid, um S 21 durchzusetzen und das ganz demokratisch aussehen lassen, das ist der SPD-Weg.

  • W
    Waldküre

    Die SPD hat vor der Landtagswahl eine Volksabstimmung zu S21 angekündigt und die Grünen haben sich dem angeschlossen. Beide kennen die rechtlichen Rahmenbedingungen in BW, dies sind die gleichen, wie in fast allen anderen Bundesländern (außer z.B. Bayern und Berlin).

     

    Also entweder es war nur ein Wahlkampftrick - somit wie versprochen, so gebrochen - oder was noch schlimmer ist, man wusste nicht was man tat.

  • W
    WalterP

    Da erkennt man gleich den durch und durch verlogenen und antidemokratischen Anti-S21-Mob. Volksabstimmung, direkte Demokratie nur, wenn man gewinnen wuerde, ansonsten lieber nicht. Das outet reinen Totalitarismus gegen das Volk und die Buerger.

     

    Klar ist, sie hatten noch nie die Mehrheit, sondern machen ideologische Klientelpolitik. Widerwaertig.

     

    Diese faschistischen, diktatorischen Antimodernisten sollen aufhoeren, jemals nochmal in ihrem Leben das Wort "Basisdemokratie" in den Mund zu nehmen.

  • A
    Anna

    Wenn die Landtagswahlen gerade mal eine Wahlbeteiligung zwischen 40 und 60 % haben, wie soll da bitteschön bei einer Volksabstimmung über ein Bahnhofsprojekt, von dem vielleicht nur 10% der Bevölkerung einigermaßen informiert und direkt betroffen ist, überhaupt eine Beteiligung von einem Drittel (33%) möglich sein? Klar, die CDU hat ihre Leute gut im Griff, wird auch Fahrdienste vom Altenheim zum Rathaus organisieren, damit da ja keine Stimme wegen Bequemlichkeit verloren geht, um gegen das Projekt zu stimmen. Eine solche Volksabstimmung ist der absolute Hohn und Herr Schmid macht sich sowas von unglaubwürdig durch seine Forderung nach einem Volksentscheid. Könnte die Taz bitteschön mal erwähnen, dass auch die SPD Spendengelder von der Tunnelbohrfirma erhalten hat, das erklärt schließlich alles.

  • L
    Lars

    Die Rot/Grün, vor der Wahl, hatte sich das Ziel gesetzt, die direkte Bürgerbeteiligung zu stärken und S 21 auf den Prüfstand des Volksentscheids zu stellen. Vor der Wahl gab es sogar grüne Wahlplakate mit dem Slogan "Volksentscheid". Jetzt herrscht offenbar totales Chaos, weil offenbar eine Niederlage zu erwarten ist. Grün gibt ein Bild ab, was den 3 weisen Affen ähnelt. Ist das die grün/rote Vorstellung von Basisdemokratie ?

  • HP
    H. P. Petersen

    Die Grünen vor der Wahl: „Für uns steht ohne wenn und aber fest: Wir brauchen einen Volksentscheid über Stuttgart 21“. Nur 5 Min. nach der Wahl wollen sie davon nix mehr wissen. Weil: „ohne wenn und aber“ für den Volksentscheid sind sie regelmäßig nur in ihren Oppositionszeiten - und sobald sie regieren, können sie sich an diese Zeiten gar nicht mehr so richtig erinnern.

     

    Wenn denn das Mittel Volksentscheid in BaWü so untauglich wäre, dann hätte es den Grünen besser gestanden, vor der Wahl eben darauf hinzuweisen anstatt genau so einen Volksentscheid „ohne wenn und aber“ zu fordern.

  • H
    Herzjesumarxist

    Sehr geehrter Gorb Dieter (Dieter Gorb?)

    Aus Ihrer Haltung kann glaube ich wohl den Auftraggeber zu erkennen. Da ich 35 Jahre CDU Mitglied war weiß ich sehr wohl wer so schreibt. Ich weiß auch warum und wofür er das tut!

    Es erstaunt mich allerdings das er die "Roßtäuscher - Methode" zwar erkennt diese nicht generell verurteilt.

    Auch sein zwangloses Verhältnis zu Milliarden läßt auf eine gewisse schlichtheit des Gemütes schließen.

    Nur soviel Herr Gorb Dieter: Das vorgehen am 30.09.2010 der damaligen Regierung, die ja nichtsahnend regierte (Herribert Rech Innenminister, zuständig für die Polizei).Es muß Ihrem Verständnis von Demokratie voll entsprochen habe!

    Aber Vorsicht der Hohen Salzberg scheint zu Grüßen.

    Ich allerdings bin aus der CDU ausgetreten.

  • GP
    gerhard Platz

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    für mich ist es unfassbar, dass die SPD nach Kenntnis aller Hintergründe für Stuttgart 21 eintreten will. Will die SPD unbedingt noch weniger als 20% Zustimmung erreichen?

     

    Gerhard

  • DW
    Don Wise

    Auf www.kopfbahnhof-21.de, >homepage>,Menupunkte 'juristische Aspekte' gibt es ein Gutachten zum Thema Ausstieg aus S-21 das vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages verfasst worden ist.Also,ziemlich unbefangen, würde ich behaupten. Dort kann man über das Thema 'Volksabstimmung' lesen- danach sieht ein Ausstieg über diesem Weg äußerst fragwürdig.

  • T
    Teamchef

    Volksabstimmungen nur dort, wo der Pöbel so abstimmt wie man es selbst möchte. Falls er das nicht tut, einfach die Spielregeln ändern. Das ist das Demokratieverständnis der SPD/Grüne. Die Menschen im Ländle werden sich noch wundern...

  • PB
    Pater Brown

    "Um das Projekt über eine Volksabstimmung tatsächlich zu kippen, müssten mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten dagegen stimmen." Nicht nur in Ba-Wü ist anscheinend "ein Drittel" ein Plural, wenn "ein Drittel dagegen stimmen müssten".

  • V
    vic

    Ich bin gegen das Projekt Stuttgart 21.

    Auch ich möchte keine Volksabstimmung - nicht mit diesem Volk.

  • F
    frei

    Stuttgart 21 sollte nur gebaut werden, wenn sich in einer Volksabstimmung genügend Stimmen FÜR diesen Milliarden-Immobilien-Schwachsinn finden.

     

    Dieser neoliberale Spekulantenfreunt Schmidt sollte als Taktierer tatsächlich einpacken.

  • GD
    Gorb Dieter

    Ach ja, die S21-Gegner wollen keine Volksabstimmung?

    Logisch weitergedacht bedeutet das, daß eine Minderheit (die Gegner) einer Mehrheit (Befürworter) durch lautstarke Störaktionen (Demonstrationen) ihren Willen aufzwingen wollte und dies durch Wahlmanipulation (falsche Versprechungen vor der Wahl) auch geschafft hat. Lauter Super-Demokraten!

     

    Erfreulich ist nur, daß sich die S21-Gegner die SPD und die Grünen (Garanten für Verrat) als Partner ausgesucht und diese an die macht geputscht haben. So können sie sich alle bis in die Ewigkeit gegenseitig anheucheln, während in 2 Jahren wahrscheinlich vorgezogene Neuwahlen stattfinden werden.

    Wirklich ein leckeres Demokratieverständnis.

  • K
    kameramann

    Man könnte die Frage ja auch pro S 21 formulieren, ggf. das Projekt zunächst stoppen und dann fragen, ob es fortgesetzt werden soll. Da würde eine einfache Mehrheit reichen.

  • E
    EnzoAduro

    Und eine Volksbefragung?

     

    Wie wäre es damit? Stresstest und dann eine Volksbefragung.

     

    Das Ergebnis beschließen dann die beiden Parteien.