SOZIALER WOHNUNGSBAU: Mieten explodieren oft moderat
Durch das Ende der Anschlussförderung steigen die Mieten - doch nicht so hoch wie befürchtet. Der Senat muss an Betroffene weniger Ausgleich zahlen als geplant.
Der Senat spart bei Sozialwohnungen mehr Geld als geplant. Bei dem Beschluss über das Ende der sogenannten Anschlussförderung im Jahr 2002 hatte der Senat prognostiziert, 54 Millionen Euro bis zum Jahr 2009 einzusparen - tatsächlich sind es 100 Millionen Euro. Dies ergibt sich aus einem Bericht des Senats für das Abgeordnetenhaus. Ein Grund für die höhere Einsparung im Haushalt ist, dass die Mieten nicht so stark gestiegen sind wie befürchtet und der Senat daher weniger Mietausgleich an Betroffene zahlen musste.
Die Wohnungsförderung ist ein Relikt aus der Zeit, als Berlin noch geteilt war. Weil es zu wenige Sozialwohnungen gab, versprach das Land den Investoren, die Mieteinnahmen aufzustocken. Die Förderung wurde ab dem Jahr 2003 gestoppt. Bisher sind 15.740 Wohnungen aus der Förderung gefallen, bis 2016 werden weitere 12.250 Wohnungen folgen - die meisten davon in Pankow, Lichtenberg und Treptow-Köpenick.
Für die Mieter bringt das Ende der öffentlichen Förderung oft Mieterhöhungen mit sich. Im Schnitt sind 5,76 Euro nettokalt pro Quadratmeter zu bezahlen. "Nach dem Gesetz darf die Miete maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden", erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. In Berlin liegt die Vergleichsmiete bei durchschnittlich 6,14 Euro.
Bedürftige Mieter können einen Ausgleich ihrer Mieterhöhung beantragen. Als bedürftig gelten Alleinstehende, wenn sie weniger als 2.200 Euro brutto verdienen oder eine Familie mit zwei Erwachsenen und einem Kind und einem Einkommen unter 4.100 Euro. Der Senat zahlt dann bis zu 90 Prozent der Mieterhöhung - fünf Jahre lang, in Härtefällen acht Jahre lang. Wer wegzieht, kann den Umzug bezahlt bekommen.
Ursprünglich hatte der Senat geplant, 21 Millionen Euro zwischen 2003 und 2009 für den Schutz der Mieter zu bezahlen. Tatsächlich wurden es nur 5,4 Millionen Euro - weil die Mieterhöhungen nicht so schlimm ausfielen wie befürchtet. Nur 8 Prozent der Mieter erhalten den Mietzuschuss. Auch "Umzüge sind in deutlich geringerem Maße als befürchtet eingetreten", schreibt der Senat. Es gebe allerdings auch "problematische Situationen in Einzelfällen".
Diskutiert wurde zuletzt über die Mieterhöhungen im Kreuzberger Fanny-Hensel-Kiez von bis zu 100 Prozent. Als dort die Briefe von den Eigentümern kamen, war die Dreijahresfrist für den Antrag auf Mietausgleich bereits abgelaufen. Nun werde "die Handhabung überprüft", kündigt der Senat an.
Die Grünen fordern, dass das Land sich wieder mehr eigenen Wohnraum zulegt. Der Senat müsse "jetzt endlich klären, in welchen Fällen ein Ankauf von Sozialwohnungen möglich und sinnvoll ist", meint Andreas Otto (Grüne). Und René Stadtkewitz, Baupolitiker der CDU-Fraktion, kritisiert: "Die vom Senat vorgesehene Regelungen zur Abmilderung von sozialen Härten reichen bei weitem nicht aus."
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