SOCKENSCHUSS: „Bremer Boiler“ (taz v.8.7.)
■ Anläßlich eines Interviews mit einer zugereisten Kulturredakteurin aus Dortmund
Petra Höfer ist eine „ambitionierte Kulturredakteurin“ (Typ lockere Schreiberin), schreibt für die taz-Bremen und bevorzugt zwecks nötiger Informationsbeschaffung das ungezwungene Gespräch in einer „für mich noch ziemlich unbekannten Runde“. Sie bezieht den bescheidenen taz –Einheitslohn, zieht sich unauffällig, aber trendy an und zieht im Beisein ihres Interviewpartners den obligatorischen Ringblock mit spitzem Stift aus der Tasche.
Im „alles übergreifenden Ansatz“ werden darauf 25 Spontaneingebungen (15 selbsterlebte), 14 Sachinformationen (6 1/3 nachvollziehbare), 7 Zitate (3 richtige), 4 Selbsteinschätzungen (0 Ahnung) und einige Bonmots hier und dort zusammengeschrieben. Das „Aufmacherthema“ des Artikels, die Programmvorschau für die diesjährige BREMINALE, hat die taz-Poetin sympathischerweise vergessen aufzuschreiben. „Kann ich das denn so machen?“, „Ich? Wieso?“, „Ähh...“ und „Ist auch egal...“. So liebt man seine SzenereporterInnen.
Kriterien für die Veröffentlichung der Information (“Gesamtposten“-Vorstellung demnächst in Buchform) werden diffus mit Abwesenheit des eigentlich verantwortlichen Redakteurs K.S., Leerseitenfüllung und Aktualität angegeben. Gegenüber dem überregionalen Teil muß der regionale auch noch „innovatov“ sein, d.h. etwas bieten, was hanseatische Kulturseitenkonsumenten beim gemischten Großkunstblock vorher nicht lesen können. Dem drohenden Konflikt mit Bremer Zeitungsmenschen, die lokalpatriotische Gefühle a la taz –Bremen-den-Bremern entwickeln könnten, ist sie geschickt durch ein Stichwort auf der Titelseite aus dem Weg gegangen. „BREMINALE-Programm auf S.19“ wird toll angekündigt und weist schön praktisch auf das eigentliche Thema hin. Diese taz-Schreiberin der „einzig richtigen Bremer Tageszeitung“ (Zeitung nicht einfach als feingeistige „Garnierung“ für's unbeschwerte Frühstücken) hat 1989 ein „solides Ding“ stehen, einen anspruchsvollen Mach-Werbung-für-deine-Zeitung –Artikel, an dem man politisch nicht mehr vorbeikommt. Damit hofft sie auf weitere Reputation in der Szene, auf „solidarische Zustimmung“ ihrer KollegInnen (die sich mit dem Geschriebenen zufrieden geben und auf birkenstockmäßiges Zugeklotze des ganzen Blattes verzichten) und auf LeserInnenzuspruch, also Menschen, die brav den Preis zahlen (348,-DM Jahresabo, 1,30 im freien Verkauf) und etwas Tratsch und Klatsch bekommen.
Die taz ist eine Art offensive Presseselbsthilfe, damit die Leute endlich mal was anderes zu lesen bekommen als den Weserkurier“. Bremen könnte eine Art „Boiler“ werden, wo eine Zeitung groß wird, weil es hier eine Presselandschaft gibt, die ihr paßt. „Und wenn sie groß ist, wird sie eine Illustrierte“. Das würde der Petra Höfer gut gefallen. Und wenn sie nicht eingeht, lesen sie alle die taz.Der „geile“ Uli Pollkläsener
Sehr schön. Aber ich hab keinen Ringblock (bevorzuge richtig französische Schönschreibhefte) und leider nie einen spitzen Stift. Und Klaus Schloesser ist ganz bestimmt nicht der „verantwortliche“ Redakteur.
pH
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