piwik no script img

SFOR führt Razzia in Sarajevo durch

■ Eine deutsch-französische Brigade durchsucht das Hauptquartier der bosnischen Armee. Der Generalstab protestiert gegen die Aktion

Sarajevo (AFP/rtr) – Ein Großaufgebot der multinationalen Bosnien-Einsatzgruppe SFOR und Einheiten der UN-Polizei (IPTF) hat in der Nacht zum Samstag das Hauptquartier der bosnischen Armee im Zentrum von Sarajevo durchsucht und zahlreiche Akten beschlagnahmt. Die Aktion wurde von Soldaten der deutsch-französischen Brigade durchgeführt. Die Truppen sperrten das Gelände mit gepanzerten Fahrzeugen großräumig ab.

Ein Sprecher des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović sagte, die Soldaten und Polizisten seien sowohl in das Pressezentrum der Armee als auch in das Gefängnis vorgedrungen, das sich auf dem Armeegelände befinde. Dort seien auch Häftlinge durchsucht worden. Ein Sprecher der SFOR sagte nach der Aktion am Samstag, mit der Durchsuchung sollten „Informationen beschafft“ und geprüft werden, ob die bosnische Armee gewisse Auflagen des Dayton-Vertrages einhalte. Es sei auch nach Waffen gesucht, aber keine gefunden worden. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Die Soldaten beschlagnahmten Akten, Disketten und Videobänder und transportierten sie in einem Armeefahrzeug zum Sitz der deutsch-französischen Brigade nach Rajlovac am Stadtrand von Sarajevo. Zu Zwischenfällen kam es dabei nicht.

Der bosnische Generalstabschef Rasim Delić verurteilte das „gewaltsame Eindringen“ in das Armee-Hauptquartier. Er sagte, die Armee sei stets zur Kooperation bereit und hätte die gewünschten Akten auch freiwillig herausgegeben.

In der Ortschaft Busovaca in Zentralbosnien wurden zwei niederländische SFOR-Soldaten durch eine Granate leicht verletzt. Die Granate sei am Freitag abend in die örtliche SFOR-Basis gefeuert worden, teilte die SFOR mit. Die Patrouillen seien nach dem Vorfall verstärkt worden.

Möglicherweise handelt es sich dabei um einen Racheakt. Niederländische Truppen hatten am Donnerstag in Vitez zwei mutmaßliche bosnisch-kroatische Kriegsverbrecher festgenommen und sie dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellt. Kommentar Seite 12

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen