SCHARON UND BARAK VERFOLGEN HARTE LINIE GEGEN PALÄSTINENSER: Israel vor neuen Fehlern
Das Gefühl sage ihm, er solle gehen, der Verstand fordere ihn auf zu bleiben. Mit solchen Appellen an die Staatsräson versucht Ehud Barak seine letzten verbliebenen Anhänger bei der Stange zu halten. Denn die Schar seiner Fans ist weiter geschrumpft, seit er sich entschieden hat, in das Kabinett von Ariel Scharon einzutreten – des Mannes, der ihn bei den Wahlen vor zehn Tagen haushoch geschlagen hatte.
Barak verlangt seinen Anhängern einiges ab: Noch in der Wahlnacht hatte er verkündet, er werde sich zumindest vorübergehend aus der aktiven Politik zurückziehen. Seine Wähler hatte er zu trösten gesucht: Langfristig werde sich erweisen, dass sein Weg der richtige sei. Nachdem Barak nun umgeschwenkt ist, werden sich diese Wähler fragen, welchen Weg er wohl gemeint haben könnte. Dabei hatte Barak auch das schon in der Wahlnacht angedeutet: Wenigstens habe er beweisen können, dass die Palästinenser unter Jassir Arafat nicht bereit seien, einen vernünftigen Frieden auf der Basis von Kompromissen zu schließen. In jener Nacht gingen diese Worte unter, jetzt aber könnten sie eine neue Bedeutung erhalten.
Scharon hat schon immer darauf bestanden, es gebe für Israel keinen echten Frieden mit der PLO. Jetzt gesellt sich Barak als Zeuge zu ihm. Beide werden versuchen, eine harte Linie gegenüber der palästinensischen Autonomie zu fahren – ungeachtet der Tatsache, dass dies kaum bei den Palästinensern Friedensbereitschaft erzeugen oder verstärken dürfte. Es kommt nicht von ungefähr, dass in Israel gerade jetzt die Diskussion lauter wird, ob sich der palästinensische Fast-Staat nicht schon wieder auflöst – und ob es Israels Interesse sein könnte, diesen Prozess zu unterstützen.
In der Tat: Arafats Autorität scheint nur dann noch ungebrochen, wenn er den Radikalen freie Hand lässt. Wollte er hingegen die Gewalt einschränken, liefe er Gefahr, dass lokale „Größen“ gezielt weiter Vorfälle provozieren. Israels größter Fehler wäre es, sich in die Innenpolitik Palästinas einzumischen. Mit einer Koalition Scharon/Barak wird dieser Fehler wahrscheinlicher. PETER PHILIPP
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