Russlands neues Armee-Manöver: Vom Radar verschwunden

Russland zieht an der Grenze zur Ukraine 90.000 Soldaten zusammen. Der Konflikt gärt weiter. Die Ampel-Koalition sollte sich für ihn interessieren.

Ein Mann sitzt in den Trümmern seines Hauses und raucht

Jewgeni Lysak sitzt in Donezk in den Trümmern seines Hauses, das beschossen wurde Foto: Alexander Ermochenko/reuters

Es ist wieder so weit, Russland rüstet an der Grenze zur Ukraine auf. Im Zuge von Manövern in diesen Tagen sollen dort jetzt rund 90.000 Soldaten stehen. Solche Muskelspiele waren bereits im vergangenen Frühjahr zu beobachten, als Moskau öffentlichkeitswirksam seine Militärpräsenz für kurze Zeit verstärkte. Für die gebotene Klarheit im Hinblick auf die jüngste Frontnachricht sorgte auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Das sei eine innere Angelegenheit, Russland könne Truppen auf seinem Territorium bewegen, wie es wolle, sagte er.

Auch wenn der Kreml bisweilen Schwierigkeiten mit der Abgrenzung seines Territoriums von dem anderer Staaten hat – die Warnung ist, damals wie heute, eindeutig: Wir demonstrieren unsere Macht. Und wir werden sie, wenn nötig, auch einsetzen. Die 2014 völkerrechtswidrig annektierte ukrai­nische Halbinsel Krim lässt grüßen.

Doch so weit ist es nicht – noch nicht. Bislang reicht es dem Kreml, den Konflikt in der Ostukraine auf kleiner Flamme am Köcheln zu halten. Dazu trägt entscheidend bei, dass der Nachschub an Waffen und Personal aus Russland an die prorussischen Kämpfer in den sogenannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk sichergestellt ist. Gleichwohl behauptet Russland, mit diesen kriegerischen Auseinandersetzungen nichts zu tun zu haben. Diese haben bisher über 13.000 Menschenleben gefordert und kosten noch weitere. Doch das ist kaum einer Erwähnung wert, der Konflikt ist weitgehend vom Radar internationaler Aufmerksamkeit verschwunden. Das könnte sich als großer Fehler erweisen, weil eine weitere Eskalation nicht ausgeschlossen ist.

Denn derzeit herrscht auch auf diplomatischer Ebene Stillstand. Zwar haben die Verhandlungen im Normandie-Format zu keinem tragfähigen Friedensschluss geführt – die Beteiligten blieben jedoch zumindest im Gespräch. Das war auch den Bemühungen von Kanzlerin Angela Merkel geschuldet, die diese Angelegenheit für sich zu einer Art Che­fin­nen­sa­che gemacht hatte. Ob sich auch jemand in der Ampel zu einem solchen Engagement berufen fühlt, wird man sehen. Wichtig wäre es, mehr denn je.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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