Russland gegen Ukraine: Gasstreit erreicht Westeuropa
Die Ukraine will Gaslieferungen nach Europa kürzen. Russland stellt darum ein Zahlungsultimatum. Die EU gibt sich unbeeindruckt.
MOSKAU/KIEW ap/rtr/dpa/taz Die Ukraine droht Westeuropa mit einer Kürzung der Gaslieferungen. Wenn Russland die Lieferungen weiter zurückfahre, könnte auch die Versorgung Westeuropas gedrosselt werden, erklärte ein Sprecher des ukrainischen Gasversorgers Naftogaz am Dienstag in Kiew. Dieser Schritt werde im Interesse der ukrainischen Verbraucher getroffen, falls Russland seine Ankündigung wahr mache und es zu Engpässen komme, erklärte die staatliche Gesellschaft Naftogaz am Dienstag. Gleichwohl sehe sich die Ukraine in der Lage, mit der Hälfte des russischen Gases zurechtzukommen.
Zuvor hatte der russische Staatskonzern Gazprom angekündigt, die Lieferungen an die Ukraine am Dienstag ab 18 Uhr MEZ um 25 Prozent zu kürzen, falls Kiew seinen Zahlungsrückstand nicht begleiche. Laut Gazprom steht die Ukraine bei dem Konzern mit 600 Millionen US-Dollar in der Kreide. Die Ukraine erklärte dagegen, die Rechnung bezahlt zu haben. Am Montag hatte Gazprom die Lieferungen bereits um 25 Prozent reduziert.
Naftogaz erklärte nach der neuerlichen Ankündigung aus Moskau, dank ausreichender Vorräte und des milden Winters sei die Lage vorerst nicht kritisch. Über die Ukraine geht ein Viertel der russischen Gaslieferungen nach Westeuropa. Ein Gazprom-Sprecher hatte zuvor in Moskau betont, dass der Streit mit der Ukraine die Versorgung Westeuropas nicht gefährden würde. Kurz vor der Ankündigung von Naftogaz hatte sich die EU-Kommission ebenfalls zuversichtlich gezeigt, dass Westeuropa nicht betroffen sein würde. "Für die Gaslieferungen in die EU wird dies keine Folgen haben", sagte Kommissionssprecher Michele Cercone.
Der Ukraine kommt bei der Versorgung Europas mit russischem Erdgas eine zentrale Bedeutung zu. Die ehemalige Sowjetrepublik durchziehen nach russischen Angaben fünf Pipelines, von denen zwei den Binnenmarkt Ukraine mit Gas versorgen. Die drei Transitleitungen beliefern unter anderem den wichtigsten Kunden Deutschland sowie Tschechien, die Slowakei, Österreich, Polen, Ungarn und Rumänien.
Der jüngste Konflikt erinnert an den Gasstreit der beiden Nachbarn im Januar 2006. Damals stoppte Gazprom die Lieferungen, was auch zu Lieferengpässen in Westeuropa führte. Die Ukraine bezieht etwa ein Viertel ihrer Gasimporte aus Russland, der Rest kommt aus Zentralasien. Alle Lieferungen erfolgen jedoch über Leitungen, die durch Russland führen.
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