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Russischer Präsident zu SyrienPutin warnt vor Terrorismuswelle

In der US-Presse äußert sich Putin zum Syrien-Konflikt: Einerseits schreibt er von „wachsendem Vertrauen“, andererseits erhebt er schwere Vorwürfe gegen die USA.

Freunde sehen anders aus: Obama und Putin auf dem G8-Gipfel im Juni 2013 Bild: dpa

WASHINGTON rtr/dpa/ap | Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich im Konflikt um die syrischen Chemiewaffen direkt an die amerikanische Bevölkerung gewandt. In einem am Mittwochabend (Ortszeit) Online veröffentlichten Meinungsartikel der New York Times (NYT) warb Putin für seinen Vorschlag, das Giftgas-Arsenal des Regimes von Baschar al-Assad unter internationaler Kontrolle zu vernichten.

Er warnte zugleich vor den Folgen eines US-Militärschlages gegen Syrien. Der Kremlchef sprach einerseits von „wachsendem Vertrauen“ zwischen ihm und US-Präsident Barack Obama, aber griff die USA zugleich scharf an. Putin nannte es „alarmierend“, dass ein militärisches Eingreifen in interne Konflikte ausländischer Staaten für die USA zur Gewohnheit geworden sei.

„Aber ist es in Amerikas langfristigem Interesse?“, fragte der Kremlchef. „Ich bezweifele es. Millionen rund um die Welt sehen Amerika zunehmend nicht als ein Modell für die Demokratie, sondern als einen Staat, der sich allein auf brutale Gewalt verlässt, Koalitionen unter dem Motto 'Ihr seid entweder an unserer Seite oder gegen uns' zusammenschustert.“

„Ein Angriff könnte die Gewalt verstärken und eine neue Terrorismuswelle auslösen“, schrieb Putin. Durch einen Militärschlag könne auch eine Lösung des Atomprogramm-Problems mit dem Iran erschwert. Außerdem werden die israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen angeheizt und der Nahe Osten sowie Nordafrika weiter destabilisiert.

Zugleich betonte Putin erneut, dass der Giftgas-Angriff im August, den die US-Regierung Syriens Staatschef Baschar al-Assad zuschreibt, wahrscheinlich eine Tat der Opposition gewesen sei. Diese hätte dadurch versucht, eine Intervention des Auslands zu erzwingen.

Militärischlag nicht ausgeschlossen

Obama will, dass Assad für den Giftgas-Angriff bestraft wird. Zunächst setzt er dabei auf die diplomatischen Bemühungen rund um den russischen Vorschlag, die syrischen Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen. Er schließt allerdings nicht aus, dass es noch zu einem Militärschlag kommt.

„Wir dürfen die Sprache der Gewalt nicht mehr anwenden“, schreibt Putin in der NYT. Er sei Gegner eines Militärschlags ohne Genehmigung durch den UN-Sicherheitsrat. Dort hat Russland Veto-Recht. Vertreter der Ständigen Mitglieder hatten sich am Mittwoch in New York getroffen, um über eine Resolution zu beraten. Fortschritte gab es dabei nicht.

Derweil treffen sich in Genf am Donnerstag US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow. Sie werden von Expertenteams begleitet, die die praktischen Details des Plans ausarbeiten sollen, wie die syrischen Chemiewaffen unter internationale Kontrolle gestellt und zerstört werden können.

Die Positionen sind noch weit auseinander, obwohl Präsident Barack Obama in seiner Fernsehansprache am Dienstag der Diplomatie mit Blick auf die russische Initiative den Vorrang gegeben hatte. Deutlich wurde das bei einem Treffen der UN-Botschafter der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder in der russischen Residenz. Dabei wurde über einen Resolutionstext gesprochen, mit dem Syrien zur Übergabe seiner Chemiewaffen verpflichtet werden soll. Die Botschafter gingen auseinander, ohne Erklärungen abzugeben. Dem Vernehmen nach ist die Androhung einer gegebenenfalls militärischen Durchsetzung umstritten.

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12 Kommentare

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  • P
    PeterWolf

    Laut neuesten Berichten sollen mit mehreren Boden-Boden Raketen ca. 300 kg Sarin verschossen worden sein.

    Dass mit dieser Menge "lediglich" 1.400 Menschen ermordet wurde, halte ich bei der extremen Toxizität von Sarin für unwahrscheinlich.

     

    Um diese Menge mit mehreren Ladungen auf kurze (

  • HS
    Hari Seldon

    @werter johnny:

     

    Die durch die Rebellen kontrollierten Gebieten sind keine unabhängigen Staaten, sondern Bestandsteile von Syrien.

     

    @TAZ: Bitte, die Redaktion für Johnny und Gleichgesinnten sollte das Anti-Terrorismusgesetz der US aus dem Bush-Era hier als Lehre veröffentlichen. Laut dieses Gesetz sind diejenige, die gegen die Staat Waffen einsetzen, per Definition Terroristen und haben keine "Menschenrechte" mehr. Die TAZ sollte sich von den Mainstream-Medien mit Objektivität differenzieren. Einige potenziellen Themen: Wie waren die letzten Wahlen in Syrien (in 2011 und 2012): Wahlbeteiligung, Ergebnisse, usw. Wie sehen die Kräfteverhältnisse aus: Z.B., Die syrische Armee war im August 178.000 stark + ca. 200.000 Milizen und Selbstverteidigunggruppen (am Anfang war die Truppenstärke ca. 250.000 und es gab härte Verluste und auch Deserteure). Die Rebellen sind in der Zwischenzeit unter 100.000 (insbesondere nach dem Amnestiegesetz verlassen die Menschen massenweise die Rebellen). Dann wie war die Aussage des BND-Präsidenten (FSA existiert praktisch nicht mehr)? Warum kämft eine Volksarmee (sogar die Armeeführung und die Truppen sind mehrheitlich Sunniten) für einen Diktator und nicht für die Rebellen ("das Volk")?, usw. Es gibt noch genügend Themen, mit denen TAZ sehr gut punkten könnte. Warum werden nur die absolut nicht objektive Meinungen aus den Mainstream-Medien nachgeplappert?

  • W
    Wolfgang

    Zu: @ "theo" und analog ...

     

    Natürlich sind auch auf den Kommentarseiten die Mitarbeiter des Staatsschutz für unbegrenzte westliche Kapitalfreiheit und Bourgeoisdemokratie, Quandtsche Erbschafts- und Dividendenmenschenrechte aktiv. Das nennt sich "Soziale Marktwirtschaft" und "Sozialpartnerschaft" - Herr/Frau "theo"? Eben, modifizierter bürgerlicher Kapital-Faschismus!

    • T
      Theo
      @Wolfgang:

      Na, da hat aber jemand seine Schlagworte auswändig gelernt. Naja, immerhin etwas, wenn's mit dem selber denken schon nicht klappt.

       

      Und dass jeder, der nicht Ihrer Meinung ist gleich ein Mitarbeiter des Staatsschutzes ist zeugt doch von einer ziemlich klaren Prägung. Naja, nun, kann man nichts machen, ob religiöse oder politische Sekte: aufwachen müssen die Menschen alleine, wecken kann man sie nicht, dafür ist ihr Hirn zu tief im Dämmerzustand.

  • HS
    Hari Seldon

    @theo:

     

    Georgien: Bitte, meinen Sie, dass ein Angriff gegen eine unabhängige Staat eine "innere Angelegenheit" wäre? Bitte, vergessen Sie es nicht, dass der Angriff Georgien gegen ein Nachbarstaat eine eindeutige Agression war.

    • J
      Johnny
      @Hari Seldon:

      Welcher "Nachbarstaat"?

       

      Mit der Argumentation sind alle von den syrischen Rebellen kontrollierten Gebiete auch sofort unabhängige Staaten und Assad begeht einen Angriffskrieg nach dem anderen.

  • W
    Wolfgang

    Zu: @ "THEO"

     

    Sind Sie der "Pudel" der westlichen Finanz- und Rohstoffbourgeoisie, - für deren baldigen NATO-EU-Zugriff auf die Rohstoffe der russischen Atommacht?

    • T
      Theo
      @Wolfgang:

      Keine dümmlichen VT bitte.

      Also, wie nennt die Hauptabteilung AgitProp das, Genosse?

  • T
    Theo

    Wie nennen Putin und seine deutschen Pudel wohl den Angriff Russlands auf Georgien als Georgien sich um "innere Angelegenheiten" kümmerte?

  • P
    PeterWolf

    Man kann Wladimir Putin nicht verbieten, vernünftige Aussagen zu machen.

    Für den Giftgasanschlag kommen ausser Assad und seinen syrischen Gegnern aber auch noch andere in Frage.

    Um eine Menge Giftgas, die 1000 - 2000 Menschen tötet, zu verschießen, bedarf es nur kleiner, mobiler Raketen bzw. Mörsergranaten.

    Um einen Luftzylinder von 2 km Durchmesser und 100 m Höhe theoretisch mit der für die Hälfte der einatmenden Menschen tödlichen Konzentration zu kontaminieren, braucht es nicht einmal 30 kg Sarin.

    Wieviele Menschen leben in einer Großstadt in einem Umkreis mit einem Durchmesser von 2 km?

     

    Dass hier ein Massenmord stattgefunden hat, ist unstrittig, aber die zweifelsfreie Zuordnung der Täter ist schwierig.

    Ein Motiv haben mehr als zwei Parteien und skrupellos genug sind sie alle.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Offensichtlich hat man den "Friedensnobelpreisträger" bei der Vergabe verwechselt? (!)

  • F
    Frust

    Obama steht vor einem Dilemma. Verpasst er Syrien keinen "Denkzettel" so muss die USA sich eingestehen, dass sie nur (wie den Irak) Völker angreifen kann,die schwach sind oder von anderer Seite keine Unterstützung bekommen.Bombardiert er Syrien sterben noch mehr Zivilisten und es kann in dieser Region zu einem Flächenbrand kommen,sollte Israel beschossen werden. Und mischt die Nato mit, so kann das sogar zu einem Weltkrieg eskalieren. "Die Moral sagt ja", aber die Vernunft sagt nein. Eine sehr schwere Entscheidung für Obama. Ein Hitler wäre einen anderen Weg gegangen: Er hätte sich mit Putin dieses Land geteilt.