Kein Wunder in Antalya

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat das Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Kuleba vor allem als Show genutzt. Waffenruhe ist nicht in Sicht

Gespräch in sicherem Abstand: Sergej Lawrow (hinten rechts) und Dmytro Kuleba (vorne links), sowie der türkische Außenminister Mevlüt Cavosoglu als Vermitteler (hinten links) am 10. März in Antalya Foto: Turkish Foreign Ministry/ap

Aus Istanbul Jürgen Gottschlich

Es hätte so schön sein können. Diplomatie unter Palmen am türkischen Mittelmeer, als Einstieg in einen Ausstieg aus dem Krieg in der Ukraine. Doch davon kann nach dem Treffen am Donnerstag zwischen dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow keine Rede mehr sein. Es kam zu keinerlei Vereinbarungen, weder über einen Waffenstillstand noch über Evakuierungskorridore für Zivilisten aus den von der russischen Armee belagerten ukrainischen Städten.

Erst recht wird es wohl in naher Zukunft kein Treffen zwischen dem russischen und dem ukrainischen Präsidenten geben, was die Ukraine dringend fordert. Präsident Putin, sagte Lawrow in einer anschließenden Pressekonferenz, sei zwar immer für Gespräche offen, aber dann müsse es auch etwas zu besprechen geben. Für reine Showveranstaltungen stünde Putin nicht zur Verfügung.

Dabei hatte just Lawrow das Treffen zu einer reinen Showveranstaltung gemacht. Die von der türkischen Regierung mit großem Einsatz und großen Hoffnungen initiierte Zusammenkunft konnte gar keine konkreten Ergebnisse haben, sagte Lawrow danach, denn dafür seien ja die Gespräche an der ukrainisch-belarussischen Grenze da, zu denen Russland keine konkurrierenden oder alternativen Gesprächsrunden wünsche. Lawrow stellte das Treffen in Antalya anschließend so dar, dass er selbst Gast auf der seit Langem vom türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu vorbereiteten Diplomatie-Konferenz war und dann am Rande des Treffens, mehr oder weniger aus Höflichkeit, eben auch mit dem ukrainischen Außenminister gesprochen habe. Konkrete Verhandlungen seien das aber nicht gewesen.

Bei der anschließenden Pressekonferenz, wo ob der zuvor geschürten Erwartungen fast die gesamte Weltpresse versammelt war, zeigte Lawrow dann, was ein seit über dreißig Jahren erfahrener PR-Profi aus der Gelegenheit machen kann. Er nutzte die Situation, um noch einmal ganz grundsätzlich Russland als Opfer westlicher Aggression darzustellen, ging auf konkrete Fragen so gut wie gar nicht ein und machte stattdessen den tatsächlichen oder vermeintlichen Fund eines Labors für biologische Waffen, in dem die Ukraine mit den USA zusammengearbeitet hätte, zum Hauptpunkt seiner Pressekonferenz. Lawrow rechtfertige dabei erneut den Einmarsch Russlands in der Ukraine und behauptete, es handele sich nicht um einen „Überfall“, sondern um eine „militärische Spezialoperation“, um die russischsprachige Bevölkerung zu schützen. Die Operation laufe nach Plan.

Nebenbei ließ Lawrow die Welt wissen, dass er an einen Atomkrieg nicht glaube und Russland nicht vorhabe, andere Länder anzugreifen. Allerdings seien die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Die „ungerechten“ westlichen Sanktionen und die Beschlagnahme von russischem Privateigentum seien illegal, würden aber nur dazu führen, dass Russland sich völlig unabhängig vom Westen machen werde.

Während der ukrainische Außenminister bei seiner Pressekonferenz nur zehn ­Minuten brauchte, um zu erklären, dass das Treffen ergebnislos ausging, gönnte sich Lawrow fast eine Stunde im Clinch mit ­westlichen Journalisten. Als einziges Ergebnis stand am Ende nur, dass beide Außenminister weitere Gespräche nicht ausschlossen.

Für die türkische Regierung war das Treffen eine einzige Enttäuschung. Präsident Erdoğan, der in Antalya so gerne einen Erfolg verkündet hätte, blieb hinter den Kulissen und widmete sich stattdessen einem Treffen mit seinem aserbaidschanischen Kollegen Ilham Alijew. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu übte sich indessen in Zweckoptimismus. Immerhin sei ein Kontakt hergestellt worden, meinte er anschließend. Von einem ersten Treffen hätte man ja auch „keine Wunder“ erwarten können.