Russengas und AKW für Osteuropa: Pipeline durch das Schwarze Meer
Mit dem Vertrag über eine neue Pipeline will Russland Alternativen ausbooten. Zwei AKW für Bulgarien als Dreingabe. Forderung an Serbien
BELGRAD taz/ap Bulgarien hat am Freitag einem milliardenschweren russischen Pipeline-Projekt zugestimmt, das die dominante Rolle Moskaus bei der Energieversorgung Europas weiter festigen wird. Vertreter beider Länder unterzeichneten während des Besuchs des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sofia entsprechende Verträge. Die sogenannte South-Stream-Pipeline bremst die geplante europäische Nabucco-Pipeline aus, die als Alternative zu russischen Gaslieferungen vom Kaspischen Meer bis in die EU führen sollte.
Unterzeichnet wurde zudem ein Vertrag mit dem russischen Konzern Atomstroiexport über den Bau eines neuen Atomkraftwerkes bei der Donaustadt Belene im Wert von rund vier Milliarden Euro. Die zwei geplanten 1.000-Megawatt-Reaktoren sollen 2013 ans Netz gehen und 60 Jahre lang Strom liefern. Außerdem unterschrieben Vertreter von Russland, Griechenland und Bulgarien eine Vereinbarung zum Bau einer neuen Pipeline für russisches Erdöl, die vom bulgarischen Schwarzmeerhafen Burgas bis zur Ägäis führen soll. Die Bauarbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen und 2011 abgeschlossen sein.
Die South-Stream-Pipeline soll über mehr als 900 Kilometer unter dem Schwarzen Meer und durch Bulgarien führen. Über sie sollen einmal bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr nach Nord- und Südeuropa gelangen. Die geplante Pipeline werde "stabile Bedingungen für die künftige Energieversorgung für Bulgarien, Russland und EU-Staaten garantieren", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende von Gazprom, Dmitri Medwedew. Offen bleibt allerdings, ob South Stream weiter über Rumänien oder Serbien russisches Erdgas nach Westeuropa bringen soll.
Für den Bau der South Stream durch Serbien fordert die Gazprom von der serbischen Regierung den Erdölkonzern Naftna Industrija Srbije (NIS): Für 51 Prozent der auf mindestens zwei Milliarden Euro geschätzten NIS, die zwei Raffinerien, 497 Tankstellen (39 Prozent aller Tankstellen in Serbien), Hotels, Motels und Aktien anderer Firmen besitzt, will die Gazprom 400 bis 600 Millionen Euro bezahlen. Für Serbien ist das eine existenzielle strategische Frage, an der sogar die Koalitionsregierung auseinanderfallen könnte.
Serbiens Premier, Vojislav Kostunica, und Minister seiner Demokratischen Partei Serbiens (DSS) lobbyieren für die Gazprom. Energieminister und DSS-Funktionär Aleksandar Popovic sprach von "einzigartiger Bedeutung" für Serbien, ein Transitland für die Gasversorgung Europas zu werden. Serbien, das 91 Prozent des Erdgases importiert, würde vom Gastransit enorme Summen kassieren, meint Popovic. Wirtschaftsminister Mladjen Dinkic widersetzte sich allerdings heftig einem Direktverkauf der NIS "unter dem Marktpreis" und sprach sich für ein internationales Tenderverfahren aus. Dinkic bezeichnete das Angebot der Gazprom als "demütigend" und forderte ultimativ, dass der Verkauf der NIS vom Deal über die Gasversorgung aus Russland getrennt wird. Gegen die Gazprom spreche, dass sie sich nicht an europäische Umweltstandards halte und das schlechte Benzin die Umwelt verschmutze.
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