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Russen umzingeln Grosny

■  Tschetschenische Rebellen leisten erbittert Widerstand. OSZE begrüßt Einreiseerlaubnis für ihren Vorsitzenden. Russische Truppen dementieren Massaker an Flüchtlingen

Sleptsowsk/Berlin (rtr/taz) – Trotz des Vormarsches der russischen Truppen geben die tschetschenischen Rebellen nicht auf. Auch nach der Einkesselung der Hauptstadt Grosny stießen die russischen Truppen gestern weiter auf massiven Widerstand. Laut einem Bericht des Fernsehsenders NTW kämpften beide Seiten um die Straßenverbindung zwischen Grosny und der nur wenige Kilometer östlich gelegenen Stadt Argun. Tschetschenische Kämpfer versuchten, aus Grosny auszubrechen, um in die 15 Kilometer südlich gelegene Hochburg der Rebellen, Urus-Martan, zu kommen, berichtete NTW weiter. Der tschetschenische Präsident Aslan Maskhadow habe sich bereits in die Ortschaft Schali bei Grosny abgesetzt und leite jetzt von dort die Operationen gegen die Russen.

Der russische General Viktor Kasanzew hatte am Samstag mitgeteilt, Grosny liege voll unter Belagerung. Beim Vormarsch waren den russischen Truppen die Städte Argun und Alchan-Jurt in die Hand gefallen.

Unterdessen begrüßte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Zustimmung Russlands zu einer Tschetschenien-Reise des OSZE-Vorsitzenden Knut Vollebaek. Vollebaek sagte in der Nacht zum Sonntag, er hoffe, dass die OSZE bei der Suche nach einer dauerhaften Lösung des Konflikts mitwirken könne. Er sei zufrieden, dass ihm nach langen Verzögerungen nun ein fester Termin für den Tschetschenien-Besuch genannt worden sei. Russlands Außenminister Igor Iwanow hatte als Termin den 14. und 15. Dezember vorgeschlagen. Die russische Regierung hatte beim OSZE-Gipfel im November in Istanbul dem Besuch zugestimmt, jedoch keinen Termin angeboten. Russland betrachtet den Krieg in der Föderationsrepublik als innere Angelegenheit und hat eine Vermittlung von außen bislang strikt abgelehnt.

Die russischen Streitkräfte wiesen Berichte zurück, wonach Soldaten am Freitag einen Flüchtlingskonvoi aus Grosny beschossen und Dutzende Menschen getötet haben sollen. Ein Militärsprecher sprach von einer „kompletten Lüge“. Der von den USA finanzierte Rundfunksender Radio Free Europe/Radio Liberty hatte berichtet, russische Soldaten hätten am Freitag unter rund 40 Menschen eines Flüchtlingskonvois ein Massaker angerichtet. Die Flüchtlinge seien rund fünf Kilometer außerhalb Grosnys von russischen Soldaten gestoppt und dann beschossen worden. Eine Augenzeugin sagte der Nachrichtenagentur Reuters in der benachbarten Republik Inguschetien, die russischen Soldaten hätten 35 bis 40 Menschen getötet.

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