: Russen rammen Springer
Russische Raumstation stürzt auf Berliner „Bild“-Hochhaus – Mir wurde umgelenkt – taz-Raketenfachmann Helmut Höge: „Ich bin sehr zufrieden“
BERLIN taz Seine Hände sind noch schweißnass. Tropfen rinnen über sein Gesicht. Still lächelnd befreit er sich aus dem Pulk. Als es vollbracht ist, haben sich alle auf ihn geworfen. Schutzhelme fliegen durch die Luft. Ein Feuerlöscher versprüht weißen Nebel, um die Abschussrampe zu kühlen, die immer noch glüht.
„Ich bin sehr zufrieden.“ Helmut Höges erste Worte gehen beinah im Jubel unter. „Die Arbeit der letzten Tage hat sich gelohnt.“ Der taz-Raketenfachmann nimmt ein rotes Badetuch und wischt sich den Schweiß und den Staub aus dem Gesicht. Glücklicher kann einer nicht aussehen. Und er hat auch allen Grund dazu. Denn Höges geniale Konstruktion einer Raketenabwehr ist ein Meisterwerk technischer Planung. Die Mir ist präzise umgelenkt. „Exakt so wie gedacht“, erklärt Höge.
Um Punkt 13.42 Uhr – genau wie der Vatikan voraus berechnet hatte – schwebte die Mir gestern laut heulend in die Berliner Atmosphäre ein. Mit bloßem Auge war der Feuerschweif zu sehen. Immer schneller wuchs die Raumstation am Himmel, jetzt hatte selbst der letzte Zweifler begriffen, dass die Kollision keine Illusion war. Unausweichlich raste die Mir auf die taz zu.
Die Spannung war unerträglich, das Knistern fühlbar. Rumms . .. Die Mir durchbrach die Schallmauer. Angstschreie durchschnitten die metallische Luft, die jetzt scharf die Lungen hinabrasselte. Nur einer verzog keine Miene, peilte sein Ziel erbarmungslos an. Bis auf den Punkt. Roooaaarrrrr . . . Die taz-Rakete zischte davon. Traf die Mir. An einem Flügel. Sie schwankte, stand, als ob sie zögerte, zuckte, taumelte, dann zog das gigantische Stahlgebilde an der taz vorbei. Kadenngg . . . – eine gewaltige Explosion erschütterte die Kochstraße. Das Springer-Haus war ausgelöscht.
Gibt es drüben Verletzte oder sogar Tote? Besorgt drängen sich die taz-Mitarbeiter an der Brüstung, um das „Resultat“, wie Höge den Einschlag bescheiden nennt, zu besichtigen. „Keine Angst, wir haben sie rechtzeitig gewarnt. Das Haus war leer.“ Höge lächelt wieder. Seine Augen sehen jetzt müde aus. Zwei Tage Schlaf wünscht er sich. Und die hat er sich wahrlich verdient. MIR
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