Runder Tisch über sexuellen Missbrauch: Täter sollen zahlen, Kirche nur im Notfall
Die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch sollen verlängert werden, Opfer sollen kein Vetorecht haben. Die Kirche gibt immer noch keine Zahlen für die Entschädigungen an.
BERLIN taz | Die katholische Kirche hat am Donnerstag erklärt, wie sie Opfer sexuellen Missbrauchs entschädigen will. Konkrete Summen wollen die Bischöfe allerdings erst noch mit dem runden Tisch der Bundesregierung abstimmen.
Das Gremium, das gestern zum zweiten Mal in großer Runde zusammenkam, beriet außerdem über erste inhaltliche Empfehlungen aus den Arbeitsgruppen.
Der Vorschlag der Bischofs- und Ordensoberkonferenz zur Entschädigung sieht die Einrichtung eines Präventionsfonds vor sowie die Übernahme der Therapiekosten von Betroffenen.
Schadenersatz soll prinzipiell von den Tätern erbracht werden, nur "subsidiär" will sich die Kirche daran beteiligen. Kirchensteuermittel sollen nicht verwandt werden.
Bei den Empfehlungen aus den Arbeitsgruppen des runden Tischs bleiben vor allem Fragen der Justiz-AG von Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) umstritten. Hierbei geht es unter anderem um die Verlängerung der Verjährungsfristen bei Fällen von sexuellem Missbrauch.
Nach Vorstellung des Ministeriums soll die zivilrechtliche Frist von derzeit drei (gerechnet ab dem 21. Lebensjahr) auf 30 Jahre gestreckt werden. Die Frist zeigt an, wie lange Schadenersatzansprüche gestellt werden können.
Die Verjährungsfrist im Strafrecht soll hingegen bei fünf Jahren (ab dem 18. Lebensjahr) belassen werden. Eine Verlängerung würde auch viele andere Straftaten betreffen.
Diese Vorschläge gehen der SPD nicht weit genug. Die Bundestagsfraktion erklärte am Mittwoch, in den kommenden Wochen einen Gruppenantrag in den Bundestag einzubringen, der eine Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist auf 20 Jahre vorsehe.
Debattiert wird zudem die Frage, wann die Staatsanwaltschaft in Ermittlungen eingeschaltet werden soll. Fest steht offenbar, dass es kein Vetorecht für Opfer geben wird. Ermittlungen sollen also auch gegen den Willen von Betroffenen eingeleitet werden können.
Die für Prävention zuständige Arbeitsgruppe unter Federführung von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sprach sich dafür aus, die Einhaltung von Präventionsstandards zur Bedingung staatlicher Förderung von Schulen und Vereinen zu machen.
Die dritte beteiligte Ministerin, Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), kündigte an, mit 32 Millionen Euro Forschungsprojekte zum Kindesmissbrauch zu unterstützen. Davon soll der größte Teil, 20 Millionen Euro, in ein Forschungsnetz aus Medizinern, Psychologen und Sozialwissenschaftlern fließen.
Außerdem will Ministerin Schavan für eine verbesserte Datengrundlage sorgen: Die letzte repräsentative Erhebung zum Thema stammt aus dem Jahr 1992. Gleichzeitig wird von einer hohen Dunkelziffer an Betroffenen ausgegangen.
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