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Rund ums schwarze Loch

■ Beim After Summer Splash in der Fabrik halten sich Barkmarket, Foetus, Dead Moon und Otis aus unterschiedlichen Motiven von Rock-Klischees fern

Genau. Es geht mal wieder um Rock. Rock, das ist das schwarze Loch im Universum und drei seiner vier Sonden gehören zu jenen, die erkunden, wie nah sie kommen können, ohne zu verschwinden. Das allerdings geschieht beim „After Summer Splash“ in der Fabrik aus höchst unterschiedlicher Motiven.

Der New Yorker Jim „Foetus“ Thirlwell vertritt dabei einen offensichtlich affirmativen Ansatz. Das Multitalent, das sich unter einem Dutzend Pseudonymen große Verdienste um die musikalische Dekonstruktion gemacht hat, setzt auf seiner letztjährigen Platte Gash die Teile wieder zusammen. Das, was dort trotz diverser Studiomusiker aus Rock und Avantgarde noch recht maschinell klingt, wird live mit Pomp und Anzug ins Format geschwitzt.

Dabei singt uns der große böse Entertainer die altbekannten Schlaflieder der Apokalypse, vom Ende der Warengesellschaft, vom Untergang der Großstadt. Und doch, nicht nur wegen der altbekannten Sprache seiner Musik, die ihren Rock aus Lärm und Industrie gewinnt, überwiegt stets der Hauch von Las Vegas, der geliebte Dreck, der Thrill, der dem Sterben innewohnt.

Auch Barkmarket kommen aus Brooklyn, doch für ein solches Verständnis von Kultur sind sie entweder zu jung oder zu viele. Denn im Gegensatz zum Einzelgänger Thirwell arbeitet Dave Sardy mit einem festen Trio.

Dessen musikalisches Programm durchzieht eine noch auffälligere Haßliebe zum alten Bastard Rock. Hier schleifen und schlingern die drei Tonquellen stets knapp am Klischee vorbei und laben sich derweil an der eigenen Größe. Denn Sardy, der in der US-Rockszene zu den gefragtesten Produzenten zählt, hat seine eigene Platte zur Visitenkarte gemacht. Auf L.Ron gibt es Wucht im Übermaß und wenn dann noch Dynamik-Ausbrüche hinzukommen, bleibt nur Angst oder Respekt.

Otis übernehmen in dieser Dreier-Kombination die undankbare Rolle der scheinbaren Plagiatoren. Nur, daß ihre Vorbilder kaum im gebrochenen Material New Yorker Prägung als vielmehr in Seattle und den 70ern liegen dürften. Und dann hat noch irgendjemand die ewigen Dead Moon eingeladen. Sie haben zwar nie etwas böses getan, doch ihr betont zeitloser, ehrlicher Neil-Young-als-Hippie-in-Mono-Sound wird unter den schweren Wänden, die vorher und hinterher aufgefahren werden, wie ein wirres Relikt aus der Steinzeit wirken. Denn Dead Moon sind längst im schwarzen Loch verschwunden.

Holger in't Veld

So, 25. August, 21 Uhr, Fabrik

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