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Ruhm ist schön, aber nicht so wichtig

■ Mit Swell, Radar Brothers und Bettie Serveert geben drei Bands die geläuterte Düsternis des Folk-Rock

Alles eine Frage der Inspiration, sagen Swell. Für ihre ersten drei Alben hatten sie sich in Tenderloin eingemietet, jenem Distrikt San Franciscos, in dem es mehr Pornokinos als funktionierende Gullies gibt. Diese Herangehensweise muß natürlich als sozialromantisch gescholten werden, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Swell's Songs vor der düsteren Kulisse umso heller strahlen.

Wer über Swell spricht, muß auch übers Kino sprechen. Und wer mit ihnen spricht, spricht nur davon. Denn David Freel unterzieht seine schwarzschimmernde Poesie nicht gerne der Analyse, dafür kann man mit ihm über Soundtracks und Regisseure fachsimpeln. Über Abel Ferrara zum Beispiel, mit dem er die Neigung zur Psychose teilt, und über all die Leute vom Film, die die Nähe zu Swell suchen. Amüsant etwa ist der Auftritt der Band in einem TV-Streifen von Griffin Dunne. Richtig, das ist der Typ, der in Martin Scorseses Die Zeit nach Mitternacht durchs nächtliche New York trottelt. Ein humorvoller Finstermann und mithin ein Buddy von Swell.

Bei der Liebe zum Kino verwundert es nicht, daß sich das Trio entschloß, für die Aufnahmen ihres vierten Albums nach Los Angeles zu ziehen. Denn der Frisco-Sound des Breitwand-Folk schien ihnen ausgereizt – und für Swell ist alles eine Frage der Inspiration. Doch das schnelle Leben und Sterben in L. A. ließ sie kalt. Nach einigen Monaten bilanzierten sie: Too Many Days Without Thinking – so der Titel ihres neuen, sehr stimmungsvollen Werks.

Alles eine Frage des Lichts, meinen hingegen die Radar Brothers, die sich Sonntag die Bühne mit Swell teilen, aber schon länger in Los Angeles ihre düsteren Soundscapes produzieren. Selbst Palmen können bedrohlich wirken, wenn die Beleuchtung stimmt. So lehrt uns das Coverphoto des Radar Brothers-Debuts.

Auch daß das Trio oft in der Wichtigtuer-Disco „Viper Room“auftritt, nimmt ihren Elegien nicht die Würde. Codeine und Souled American können zur Orientierungshilfe genannt werden, denn auch für die Radar Brothers sind Barbiturate Inspirationshilfe. Live aber ziehen sie das Tempo schon mal an, wie unlängst im Heinz Karmer's bewiesen. Der Bass übernimmt dann die Melodieführung und räumt alle Vorbehalte aus, die man gegen Slowmotion-Core hegen kann.

Alles eine Frage der Ehre, glauben Bettie Serveert, die am Sonntag im Logo buchstäblich für Erhellung sorgen. Sie singen von Freundschaft und Gerechtigkeit. Die Band, der die stets verhuscht durch die Haare singende Carol van Dijk vorsteht, tritt moralisch auf. Das haben die Holländer von Neil Young, dessen Melodiebögen immer mal wieder durch ihren Folkrock leuchten. Mit dem dritten Album, Dust Bunnies, zeigen sie aber auch Gespür für leise Ironie. Etwa wenn sie berichten, wie sie über Nacht in Amerika zu Stars geworden sind. Das finden Bettie Serveert schön, aber nicht so wichtig.

Christian Buß

Swell, Bettie Serveert, Radar Brothers: So, 13. April, 20 Uhr, Logo

Radar Brothers: So, 13. April, 24 Uhr, Heinz Karmer's Tanzcafé

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