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■ Rühe will, daß die Deutschen dankbar für die Bundeswehr sindVerräterisches Wortgeklingel

Verteidigungsminister Volker Rühe ist zu gratulieren. Seine sorgfältige Planung hat sich über alle Erwartungen hinaus ausgezahlt. Bei 109 Terminen für öffentliche Rekrutengelöbnisse im Wahljahr war absehbar, daß sich irgendein Ereignis für den Wahlkampf würde ausschlachten lassen. Nun aber gleich so etwas Schönes!

Ausgerechnet Kommunalpolitiker von SPD und PDS verweigern ausgerechnet in Frankfurt (Oder) ihre Zustimmung zu einer derartigen Veranstaltung, bei der auch noch ausgerechnet des Einsatzes der Bundeswehr beim Oder-Hochwasser gedacht werden sollte. Das hätte CDU-Generalsekretär Peter Hintze nicht besser ausklügeln können.

Die SPD ist in der Bredouille. Sie hat ihren Wahlkampf darauf angelegt, es sich mit möglichst niemandem zu verderben. Also auch nicht mit der Bundeswehr. Aber schließlich ist auch noch diese lästige antimilitaristische Tradition der Partei zu berücksichtigen. So bleibt den Sozialdemokraten im Bundestag nur der vorsichtige Rückzug im Krebsgang. Einerseits sei die Zahl der öffentlichen Gelöbnisse vielleicht, bitte schön, doch ein bißchen hoch, andererseits gebe es hinsichtlich dieser Veranstaltungen einen „Konsens der Demokraten“.

Haben's die Genossen nicht ein bißchen kleiner? Wenn für den Nachweis demokratischer Gesinnung eine positive Einstellung zu öffentlichen Gelöbnissen notwendig ist, dann gibt es in Deutschland viele undemokratische Leute. Aber das Thema eignet sich halt gut für große Worte.

Von „Undank“ hat Rühe gestern gesprochen. Es scheint inzwischen als selbstverständlich zu gelten, daß das Volk seinen Soldaten dankbar zu sein hat. Wo kommen wir da eigentlich hin? Angehörige der Bundeswehr sollen ebenso wie Krankenhauspersonal und Angestellte der Müllabfuhr ihre Arbeit tun, für die die Steuerzahler Mittel zur Verfügung stellen müssen. Wer einen Job besonders gut macht – wie die Bundeswehrangehörigen beim Oder-Hochwasser –, verdient Anerkennung. Das war's dann aber auch.

Rühe meint, Soldaten seien nicht mit anderen Berufsgruppen vergleichbar, weil sie „notfalls mit ihrem Leben für unser aller Schutz“ einstehen. Das ist verräterisches Wortgeklingel. In modernen Kriegen sterben mehr Zivilisten als Militärs. Die Forderung des Verteidigungsministers nach Dankbarkeit ist ein Appell an Gefühle. Wenn in einer Gesellschaft der Umgang mit dem Militär gefühlvoll wird, dann wird's gefährlich. Bettina Gaus

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