Rückkauf von EnBW-Aktien: Immer neuer Ärger
Der französische Stromkonzern EDF droht damit, das Land Baden-Württemberg zu verklagen. Im Finanzministerium schätzt man dies als „schlichtes Säbelgerassel“ ein.
STUTTGART taz | Der Rechtsstreit um den Kauf der EnBW-Aktien durch das Land Baden-Württemberg könnte in eine weitere Runde gehen. Nachdem die Landesregierung im Februar eine Klage bei der Internationalen Handelskammer eingereicht hatte, droht nun der französische Energiekonzern EDF seinerseits mit einer Gegenklage.
Die Klage des Landes Baden-Württemberg sei „sowohl schlecht durchdacht als auch unbegründet“, heißt es in einem der taz vorliegenden Brief der EDF an den Abgeordneten Ulrich Müller. Der CDU-Politiker ist Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, der sich ebenfalls mit dem milliardenschweren Aktiendeal beschäftigt. Die EDF, so heißt es in dem Brief weiter, werde sich „mit aller Kraft verteidigen und das Land für alle Schäden, die der EDF aus dieser rechtsmissbräuchlichen Klage entstehen könnten, zur Verantwortung ziehen“.
Im Dezember 2010 hatte der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) überraschend den 45-prozentigen Anteil am Energiekonzern EnBW vom französischen Staatsunternehmen EDF zurückgekauft. Das Land Baden-Württemberg zahlte für das Aktienpaket 4,7 Milliarden Euro beziehungsweise 41,50 Euro pro Aktie – ein Preis, der weit über dem damaligen Börsenpreis lag. Nachdem wenige Monate später die Bundesregierung den Atomausstieg beschloss, sank der Aktienwert zusätzlich.
Um feststellen zu lassen, ob der Kaufpreis damals zu hoch war, reichte die baden-württembergische Landesregierung im Februar die Klage ein. „Sollte der Preis zu hoch gewesen sein, wäre das schlichtweg eine unerlaubte Subventionierung der EDF“, sagte ein Sprecher von Finanzminister Nils Schmid (SPD) zur taz. Die Schiedsgerichtsklage sei explizit im Vertrag vorgesehen gewesen.
Die Drohung der EDF mit einer Gegenklage kann sich das Ministerium deshalb bislang nicht erklären. Noch habe das Ministerium persönlich auch nichts von dem Konzern dazu gehört. Daher wird die Klage dort vorerst auch als „schlichtes Säbelgerassel“ eingeschätzt. „Wir wissen nicht, was die EDF konkret vorhat, und werden weiter unseren Weg gehen“, so der Sprecher.
Fest steht, dass Manager der EDF wegen des Rechtsstreits auch nicht vor dem Untersuchungsausschuss aussagen wollen. Nun hoffen die Vertreter im Ausschuss, dass sie aus Frankreich wenigstens schriftlich formulierte Fragen beantwortet bekommen. Der Ausschuss hat bislang zweimal getagt. Bereits zu Beginn hatte Mappus den Aktienkauf am Landtag vorbei verteidigt.
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