Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe: Wasser bald wieder volkseigen?
Berlin könnte überraschenderweise seine Wasserbetriebe komplett zurückkaufen. Nach RWE will auch der Veolia-Konzern seine Anteile wieder loswerden.
BERLIN taz | Dem Land bietet sich überraschend die Möglichkeit, die Berliner Wasserbetriebe (BWB) komplett zurückzukaufen. Eine Sprecherin der Finanzverwaltung bestätigte der taz, nun wolle auch der zweite private Teilhaber verkaufen, der französische Konzern Veolia. Bislang hatte Veolia alle Verkaufsabsichten bestritten, anders als der Essener Konzern RWE. Der würde seinen 25-Prozent-Anteil für ca. 650 Millionen Euro verkaufen. Veolia verlangt für einen gleich großen Anteil angeblich ähnlich viel.
Berlin hatte die Anteile 1999 für umgerechnet 1,7 Milliarden Euro verkauft, um dringend frisches Geld in den Haushalt zu spülen. Das Land behielt zwar 50,1 Prozent, wegen der Vertragsgestaltung haben aber seither die privaten Teilhaber – nominell in der Minderheit – im Unternehmen das Sagen.
Seit Anfang 2011, damals noch unter Rot-Rot, verhandelt Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) über einen Anteilsrückkauf. RWE verlangte anfangs angeblich 800 Millionen Euro und ließ sich offenbar herunterhandeln. Veolia aber hatte stets sein strategisches Interesse an einer BWB-Beteiligung betont. Beobachter vermuteten, das Unternehmen befürchte, als einziger privater Teilhaber die Führungsfunktion zu verlieren. Veolia hatte vor diesem Hintergrund jüngst vergeblich versucht, eine einstweilige Verfügung gegen den noch nicht abgeschlossenen Deal von Land und RWE zu erwirken. Veolia selbst wollte sich am Dienstag nicht dazu äußern.
Laut Sprecherin stellte Nußbaum das Veolia-Angebot bereits den Fraktionen von SPD und CDU vor. Eine Empfehlung wollte der Senator aber nicht abgeben, sondern das Votum der Fraktionen abwarten.
Nußbaum hatte jüngst im Abgeordnetenhaus dargestellt, den Kauf der RWE-Anteile über die Erträge und das Vermögen der Wasserbetriebe finanzieren zu wollen. Es sei sein Bestreben, „den Anteilserwerb aus sich selbst heraus zu finanzieren“. Das sei auch möglich, wenn die Erträge wegen sinkender Wasserpreise schrumpften. Das Bundeskartellamt hatte Berlin jüngst aufgefordert, die Wasserpreise um rund ein Sechstel zu senken. Die von den Privaten geführten BWB hatten daraufhin eine Klage angekündigt – unterstützt von der CDU im Senat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?