■ Rückblick 1998: Das Jahr im Spiegel der Tierwelt: Wildschwein in Seenot
Bonn (AFP/taz) – Für die Tierwelt war 1998 ein aufregendes Jahr. Vom Schnauzer, der in London mit einem Botschaftsempfang geehrt wurde, über die Katze, die unbemerkt im Koffer ihres Herrchens von London nach Montreal mitflog, bis zum Schwan, der in Hamburg wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt die Nacht in einer Polizeizelle verbrachte – die zoologischen Nachrichten des zurückliegenden Jahres spiegeln eine breite Spannweite tierischer Schicksale wider.
So retteten Segler vor der südfranzösischen Küste ein Wildschwein, das auf hoher See vor sich hin strampelte. An einer Kordel schleppten sie die 40-Kilo-Sau an den Strand. Wildschweine gehen schon öfter einmal in den salzhaltigen Gewässern der Region um Narbonne baden. Auf dem offenen Meer seien sie aber noch nie gesichtet worden, hieß es. Doch auch Tiere retteten Menschen: Auf Korsika bewahrte die Neufundländerin Maui zwei Schwimmer vor dem Ertrinken und zog sie an den Strand. Als sie erneut ins Meer schwamm, um einen dritten Urlauber zu retten, verließen sie die Kräfte – und sie ertrank.
Andere Geschehnisse dokumentierten die Seelenverwandtschaft zwischen Mensch und Tier. In Indien drang ein Leopard in das Haus einer Familie ein – und machte es sich in einem Sessel bequem, um Fernsehen zu schauen. Freilich gab es auch viel Ärger zwischen Tier und Mensch. So landete ein aufmüpfiger Schwan in Hamburg für eine Nacht in einer Polizeizelle. Trotz Aufforderung von Beamten hatte er es stur abgelehnt, sich von einer Bushaltestelle zurück an die Alster zu begeben. In Schweinfurt sorgte ein Hund am Steuer für Chaos. Allein im Wagen zurückgelassen, setzte er sich auf den Fahrersitz und spielte offensichtlich am Schaltknüppel – der Wagen setzte sich in Bewegung und verletzte eine Passantin.
Auch Känguruhs erwiesen sich als notorische Störenfriede. In Australien wurde ein Teenager auf einem Golfplatz von einem der Beuteltiere vermöbelt. Im Sommer sorgten in Deutschland gleich zwei flüchtige Känguruhs für Aufregung. Das niederrheinische Kuckum, wo eines von ihnen tagelang frei umherhüpfte, um schließlich mit einem Narkosegewehr gestoppt zu werden, erlangte dank des Känguruhs immerhin erstmals bundesweite Aufmerksamkeit.
Für ähnlichen Wirbel sorgten zu Beginn des Jahres zwei Schweine in England. Mit ihrer spektaktulären Flucht vor den Schlachtern, die erst nach neun Tagen durch Schüsse aus einem Betäubungsgewehr endete, hielten sie das Land in Atem. Die beiden Borstentiere waren aus dem Schlachthaus entwischt und dann waghalsig durch einen fünf Meter breiten Fluß geschwommen. In den folgenden Tagen schloß sich ein immer größerer Journalistenpulk der Verfolgungsjagd an – und die zwei Schweine avancierten wegen ihrer List und Ausdauer zu Lieblingen der Nation. Trotz der Gefangennahme war ihre Flucht nicht umsonst: Vom Schlachtmesser blieben sie wegen ihrer Popularität verschont.
Andere Tiere waren ausgesprochene Pechvögel. So der australische Superhund, der Fallschirm sprang und mit der Sauerstoffflasche tauchte – bis er sich beim Sprung aus dem Bett seines Herrchens das Bein brach und auf Anweisung des Tierarztes den Abenteuersport wohl für immer einstellen mußte. Auch die Perserkatze Katie dürfte ihre Reise über den Atlantik als Unglück empfunden haben. Eigentlich hatte sie nur einen gemütlichen Schlafplatz gesucht, als sie sich in London in den Koffer ihres Herrchens legte. Der bemerkte nichts, und auch bei der Durchleuchtung des Gepäcks an den Flughäfen blieb Katie unentdeckt. Erst beim Öffnen des Koffers in Montreal entdeckte der Besitzer seine völlig zerzauste und geräderte Begleiterin. dja/bk
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