piwik no script img

Rudolf Steiners VermächtnisKartoffeln fördern den Materialismus

Vor 150 Jahren wurde Rudolf Steiner geboren. Zu seinem Erbe gehören Naturcremes, Demeter-Waren und die Waldorf-Schulen. Aber auch Astralleibe und geisterfüllte Erde.

Rudolf Steiner als Portrait im Stuttgarter Kunstmuseum. Bild: dpa

BERLIN taz | Eines Morgens schaute sich mein Freund um und stellte fest: "Die Anthros haben mich wieder." Schleichend hatte die Anthroposophie unsere Wohnung erobert: Im Bad stapelten sich Cremes und Naturheilmittel aus den Häusern Wala und Weleda, "unter Anwendung rhythmischer Prozesse" hergestellt. In die rechten Winkel unseres Wohnzimmers schmiegte sich waldorfpädagogisch gerundetes Holzspielzeug.

Unser Gemüse trug das Zeichen des biologisch-dynamisch landwirtschaftenden Demeter-Bunds. Und der Ratgeber "Die Kindersprechstunde", den uns die Oma überlassen hatte, informierte über den Astralleib und warnte vor den negativen Eigenschaften der Kartoffel: Ihr Verzehr fördere die materialistische Denkweise. "Wusstest du, dass Demeter-Bauern mit Mist gefüllte Kuhhörner vergraben, um die Erde mit Geist zu erfüllen?", fragte mein Freund.

Rhythmische Prozesse, Astralleib, geisterfüllte Erde - das klingt skurril und nicht so solide wie Weleda, Waldorf und Demeter. Die drei anthroposophischen Erfolgsmarken eroberten den Mainstream mit ihrem Versprechen einer guten, nachhaltigen Lebensführung im Einklang mit der Natur.

Klingt nach gesundem Menschenverstand. Doch die Anthroposophie ist alles andere als bodenständig; ihr Fundament ist das Spirituelle, das Kosmische, ja das Okkulte, wie mehrere, zu Steiners 150. Geburtstag erschienene Bücher betonen.

Der Erziehungswissenschaftler Heiner Ullrich bekennt schon im Vorwort zu "Rudolf Steiner. Leben und Werk" seine Schwierigkeiten mit der "oft fremdartig-esoterisch anmutenden" anthroposophischen Terminologie, die eine "wissenschaftliche Auseinandersetzung" erschwere.

Bild: taz

Diesen Text und viele andere mehr lesen Sie in der sonntaz vom 25./26. Februar 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de erhältlich. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo.

Rudolf Steiner

Der Mensch: geb. am 25. Februar 1861 in Kraljevec (heute Kroatien). 1912 gründete er in Köln die Anthroposophische Gesellschaft. Die Lehre der Anthroposophie ("Weisheit vom Menschen") glaubt an die göttlich-geistige Durchdringung von Mensch und Kosmos.

Die Gemeinschaft: 1919 erste Waldorfschule in Stuttgart. Seither über 1.000 Gründungen, plus tausende anthroposophische Einrichtungen (Kliniken, Unternehmen, Banken) und die 1922 gegründete Christengemeinschaft.

Lesetipps: Helmut Zander: "Rudolf Steiner. Die Biografie". Piper, 2011

Heiner Ullrich: "Rudolf Steiner. Leben und Lehre". C. H. Beck, 2010

Die Ausstellung Kosmos Rudolf Steiner ist bis zum 22. Mai 2011 im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen.

Er leitet von Steiners intellektueller Biografie ab, wie dieser seine Weltanschauung entwickelte: In bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, brach Rudolf Steiner (1861-1925) ein naturwissenschaftliches Studium ab und wandte sich Philosophie und Erkenntnistheorie zu.

Im Wissenschaftsbetrieb reüssierte er nicht, auch die Edition der Schriften Goethes vermochte ihn nicht zu fesseln. Nach Ullrichs Lesart fand der Mann, der sein Brot als Hauslehrer oder Theaterredakteur verdiente, in der Theosophie eine spirituelle Heimat.

Die Wichtigkeit dieses in Geheimzirkeln organisierten Milieus für Steiners Werdegang betont auch Helmut Zander, der ein Drittel seiner voluminösen Biografie der Theosophie und ihrer mystisch-okkulten Gedankenwelt widmet. Zander zeichnet nach, wie der begnadete Redner Steiner sich mit Reinkarnation und Freimaurertum beschäftigte, schließlich zum Leiter der deutschen Theosophensektion aufstieg. 1912 spaltete er sich mit der Anthroposophischen Gesellschaft ab.

Die neue Geisteswissenschaft umfasste eine Kunst und (christliche) Metaphysik. Die Anthroposophie wurde zum kultischen Gesamtkunstwerk mit Rezitationen und der Aufführung von Mysterienspielen, aus denen die Eurythmie hervorging. Diese tänzerische Ausdrucksform, die den übersinnlichen Urgrund der menschlichen Sprache sichtbar machen soll, ist noch heute Unterrichtsfach an allen Waldorfschulen.

Während mein Freund es zu seiner Schulzeit als Zumutung empfand, in bodenlangem Gewand und Schläppchen symbolistische Bewegungen auszuführen, war die Eurythmie bei Entstehen durchaus hip. Man staunte über die Aufführungen im "Goetheanum", einem zweikuppeligen Prachtbau, den Steiner in Dornach bei Basel errichten ließ.

Der 1922 abgebrannte "Mensch gewordene Bau", der mit organischen Formen und dem Verzicht auf rechte Winkel leibliches und seelisches Befinden des Menschen ansprechen sollte, gilt als Prototyp der anthroposophischen Architektur.

Die kosmologische Theorie, die Steiner entwickelte, basiert - verkürzt gesagt - auf der Idee, dass Weltall und Mensch einem gemeinsamen göttlich-geistigen Urgrund entspringen, zu dem es wieder zurückzufinden gilt. Dem Gang der Weltentwicklung zufolge befinden wir uns gegenwärtig in der fünften Kulturepoche, einer Hochzeit der Individualisierung und des Materialismus.

Dass es den "weißen Rassen" obliege, die Menschheit zum Höheren zu führen, während "Neger" oder Juden auf historisch niedrigeren Stufen zurückbleiben, gehört zu den heute viel kritisierten, von Steiners Biografen aber auch zeitgeschichtlich eingeordneten, Aspekten. Von Schriften, in denen er die deutsche Kultur als völkerpsychologisch höherwertig gegenüber anderen "Volkscharakteren" einstuft, hat sich der Bund der Waldorfschulen in der "Stuttgarter Erklärung" von 2007 distanziert.

Zurück zur Praxis: Steiners an Kopf, Herz und Hand des kindlichen Individuums orientierte Pädagogik konnte er 1919 in der ersten, für die Arbeiterkinder der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart gegründeten Schule umsetzen. Heute gibt es 1.000 Waldorfschulen weltweit, auch in Israel. Die Pädagogik bleibt, ebenso wie die "intuitive" Medizin, das breitenwirksamste Vermächtnis Steiners.

In beiden Feldern war der Mann, der zwischen 1919 und 1925 als Vortragsreisender unterwegs war und mit der Gründung der "Christengemeinschaft" 1922 auch Religionsstifter wurde, Autodidakt. Und in beiden Feldern ist es bis heute möglich, die praktische Anwendung gutzuheißen, ohne sich ganz auf die Steinersche Gedankenwelt einzulassen.

Man muss nicht an die Heilsverwandtschaft der Mistel mit dem Lichthaft-Geistigen glauben, um es mit einer Misteltherapie zu probieren. Man muss nicht von den an Rhythmen des kosmischen Lebensstroms orientierten Herstellungsverfahren überzeugt sein, um Dr.-Hauschka-Cremes zu mögen.

Vielleicht muss man auch nicht wissen, dass der Lebensgefährte Trompete lernte und mit 16 ein Jahr auf einer US-amerikanischen Demeter-Farm verbrachte, weil das seinem "sanguinischen" Temperament auf die Sprünge half.

Man muss das alles nicht wissen. Aber es kann nicht schaden, im alltäglichen Kontakt mit Weleda, Waldorf und Co. deren weltanschauliche Grundlage im Kopf zu haben. Dass sich das spirituell-vormodern geprägte Weltbild der Anthroposophie bisweilen in Dogmatismus äußert, kann ich zu Hause ganz konkret studieren: Weil mein Lebensgefährte sich noch heute von den "Anthros" mit ihren verwischten Konturen und warmen Erdtönen verfolgt fühlt, dominieren bei uns nun klare Konturen und spitze Winkel - mit kleinen anthroposophischen Akzenten. Die Dosis macht das Gift - mit diesem Credo von Paracelsus ging auch Steiner ganz daccord.

Helmut Zander: "Rudolf Steiner. Die Biografie". Piper, 2011

Heiner Ullrich: "Rudolf Steiner. Leben und Lehre". C. H. Beck, 2010

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

18 Kommentare

 / 
  • "‘Töne wie aus einer undichten Gummizelle!’

     

    BERLIN. (hpd) Harry Rowohlt wird immer wieder öffentlich als “prominenter Waldorfschüler” genannt. Er hat aber nie eine Waldorfschule besucht. Sondern die “Walddörfer Schule” in Hamburg, was er in einem pointierten Leserbrief an die “taz” klar stellte. Bernd Durstewitz befragt Harry Rowohlt dazu in einem Telefoninterview.

     

    Durstewitz: “Haben Sie etwas dagegen, mit der Waldorfschule in Verbindung gebracht zu werden?”

     

    Rowohlt: “Alles. Wegen der ewigen Verwechselung habe ich mich mal mit den Schriften Rudolf Steiners beschäftigt. Da fand ich eine schöne Textstelle: ‘Der Blonde, Blauäugige ist dem Dunkelhaarigen, Braunäugigen intellektuell überlegen, weil bei Letzterem zuviel Geisteskraft in die Pigmentierung fließt’. Das wäre geeignet gewesen für ein Quellenverzeichnis von Hitlers ‘Mein Kampf’. Töne wie aus einer undichten Gummizelle!"

     

    weiter: http://hpd.de/artikel/10216

  • W
    Wilhelmine

    Also, ich bin kein TAZ-Leser, sondern bin wegen den Kartoffeln auf diese Seite gekommen.

    Menschen kaufen und essen alles mögliche, probieren auch aus, was in Werbeslogans angepriesen wird. Warum nicht auch testen, was übermäßiger oder gar kein Konsum von Kartoffeln nach längerem Zeitraum bewirkt?

    Man kann auch an den duftenden Rosen bemäkeln, dass sie Dornen tragen ...

    Es muss nicht jeder alles mögen und so findet jeder, was er mag oder nicht. Doch ein Urteilen steht uns nicht zu, wer sind wir denn?

    Übrigens fand auch ich als ungeübte Leserin, dass dieser Artikel gut in eine schlichte Klatschlektüre gepasst hätte. Aber es darf ja jeder sagen was er will und wann und wo er will, denn wir sind ja frei - oder bilden uns das ein oder wollen es vielleicht noch werden. Dabei macht ein Jeder seine eigenen Erfahrungen. Sie richtig zu deuten müssen wir halt noch lernen. Bevor wir kritisieren, sollten wir es erst besser machen und auch dann sieht ein Jeder alles nur aus seiner Position. Wir sollten alles probieren und schauen, was es mit uns macht und nur warnen, wenn es für Andere wirklich gefährlich wird.

    Da gibt es tatsächlich Bereiche, die unser Leben in Deutschland wirklich einzuschränken drohen. Rudolf Steiner gehört sicherlich nicht dazu. Auch nicht anderswo auf dieser Erde, sondern ganz im Gegenteil.

  • JF
    J. Ferrari

    Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie oft es vorkommt, dass sich Menschen trauen, Dinge ins Lächerliche zu ziehen, über welche sie selbst gar keinen (tiefen) Einblick haben und dies auch noch auf teilweisen Falschaussagen fußen.

    Das Fundament der Anthroposophie ist nicht, wie behauptet, das Spirituelle, sondern das Ganzheitliche, wozu u.a. Mensch, Natur, Kosmos genauso zählen wie Sinnliches und Nichtsinnliches oder wie Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft. Anthroposophie will nicht Naturgesetze außer Frage stellen, sondern Steiner erweitert diese um die Geisteswissenschaft als (geistes)wissenschaftlich exakte Methode der Bewußtseinserweiterung, welche sich der nicht sinnlich wahrnehmbaren Welt widmet.(Wie will man auch ernsthaft mit sinnlichen Mitteln - sprich Naturwissenschaft - gültige Aussagen über nicht-sinnliche Bereiche treffen können?)

    Auch die Behauptung, dass Steiner Goethes Schriften nicht zu fesseln vermochten, ist schier unhaltbar, führt man sich vor Augen, dass er der erste Herausgeber dessen gesamter naturwissenschaftlicher Werke ist.

    Mit dem längst durch Gerichtsurteile(!) widerlegtem Rassismusvorwurf aufzuwarten und dann selbst zu schreiben: „Heute gibt es 1.000 Waldorfschulen weltweit, auch in Israel.“ ist schlicht widersinnig. (Wozu muß man Israel explizit benennen? Gehört dieses Land etwa nicht zur Welt? Oder ist erstaunlich, dass die Anthros, wo sie angeblich doch so rassistisch sind, selbst in Israel solch eine Schule gegründet haben?)

    Zum Ende des Artikels hin wird Steiner noch als Gründer der Christengemeinschaft gelobt, ein Lob, welches ihm nicht gebührt, weil er sich stets von jeglicher Glaubensinstitution distanzierte, da sie in u.a. Widerspruch zu seinen Freiheitsideen stehen. Steiner gab lediglich Theologiestudenten, welche eine eigene Kirche gründen wollten, auf deren Anfrage, Hinweise.

    Hätte man wirklich loben wollen, wäre das einfacher und naheliegender möglich gewesen, schaue man einfach auf Steiners einschlägige Verdienste in weiten Bereichen des praktischen Lebens, die im Übrigen in keinerlei Widerspruch,sondern - wie bereits erwähnt - ergänzend zu gängigen Erkenntnissen der Naturwissenschaft stehen: z.B. Medizin, Pharmazie, Landwirtschaft, Heilpädagogik, Pädagogik, Archtiektur, Soziologie und Kunst.

    Würden sich nur allein all die Menschen, die zur Zeit meinen, berufen zu sein, Zeitungsartikel über Steiner und die Anthroposophie zu verfassen, einmal wirklich bewußt Gedanken machen und sich ernsthaft um Erkenntniserweiterung bemühen - etwas, was Steiner unablässig forderte, dann sähe die Welt anders aus, als sie ist.

    P.S. Von einem taz-Artikel habe ich mehr erwaret...

    möglicherweise sogar einen Diskussionsansatz, wo anthroposophische Errungenschaften noch ausgebaut werden können, wo weiter-/umgedacht werden muß, wo durch staatliche Auflagen z.B. Schulen nicht zur eigentlich angedachten, ihrem Wesen entsprechenden Ausfaltung kommen können, etc.

  • MB
    marie bonheur

    "Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime des freien Menschen." R. Steiner

     

    Vielleicht sollte Frau Apin sich mal die Mühe machen, sich eigenständig mit dem Gesamtwerk Steiners auseinanderzusetzen, anstatt abgelutsche Phrasen, die nun wirklich kein Mensch mehr lesen will, zu verwursten.

    Da muss sie aber fleißiger recherchieren, allerdings könnte das ja dann interessant und ernst zu nehmen sein, was sie dann berichtet. Aber bitte: nicht bei Zander spicken, der schreibt nur ab!

     

    Last but not least: Gute Besserung an den "traumatisierten" Freund.

  • MH
    Michael Heinen-Anders

    Ich kann allen TAZ-Redakteuren, die über Rudolf Steiner schreiben nur raten zunächst einmal auf www.anthrowiki.info zu recherchieren. Auch zum Thema "Kartoffelgenuss".

    Und was den angeblichen Rassismus Steiners angeht, so lässt sich richtigerweise nur feststellen: ein solcher ist bei Rudolf Steiner nicht vorhanden. Soeben erschien zu diesem Thema eine recht aussagefähige Studie: Uwe Werner "Rudolf Steiner zu Individuum und Rasse. Sein Engagement gegen Rassismus und Nationalismus", Dornach 2011, 152 S.!

  • MC
    Martin Cuno

    Merkwürdig, dass die Taz jedesmal beim Thema Anthroposophie (auch auf den regelmäßigen Sonderseiten) den Vogel abschießt in puncto nicht mehr auszuhaltender Farblosigkeit. Grauenhaft! Wurde ja oben schon näher begründet. Apropos Stammleserschaft vergraulen: Bin selbst begeisterter Anthroposoph und sage: dieses Nichtssagende ist das Schlimmste. Jeder Verriss ist tausendmal angenehmer. Warum in aller Welt wird das geschrieben?

    Vielleicht müsst Ihr in der Redaktion mal neue Formen überlegen, wenn Ihr Euch mit den althergebrachten so gar nicht dem Phänomen Steiner nähern könnt.

    (Bleibe trotzdem bei meinem Abo.)

     

    Da muss ich als Therapie direkt mal Steiner zitieren:

     

    Ich möchte jeden Menschen

    Aus des Kosmos' Geist entzünden,

    Daß er Flamme werde

    Und feurig seines Wesens

    Wesen entfalte. -

    Die andern, sie möchten

    Aus des Kosmos' Wasser nehmen,

    Was die Flammen verlöscht

    Und wäss'rig alles Wesen

    Im Innern lahmt. -

    O Freude, wenn die Menschenflamme

    Lodert auch da, wo sie ruht! -

    O Bitternis, wenn das Menschending

    Gebunden wird da, wo es regsam sein möchte.

     

    (das schrieb er aus irgendeinem Grund auf einen Zettel, kurz vor seinem Tod)

  • S
    Sturm

    Aus Bekanntenkreis und Familie gibt es einige positive Erfahrungsberichte ueber Waldorfpaedagogik - und einige negative.

     

    Steiner lesen: Sollte man auf jeden Fall, bevor man seine Kinder auf eine Waldorfschule gibt.

     

    Ich persoenlich koennte mir nicht vorstellen, Kinder auf die Schule dieser weltanschaulichen Richtung zu geben. Steiners Schriften sind einfach krauses Zeug, schwuelstiges und weitschweifiges Geschwafel.

     

    Persoenlich ging es mir wie der Autorin: Manches war mir sympatisch, aber beim Versuch Steiner zu lesen, bzw. darueber mit Anthros zu reden, hoerte dann die Sympatie auf. Es tut mir leid, Weleda Produkte moegen ja nicht schlecht sein, aber das ist doch kein Argument gegen den Vorwurf, dass Steiners sogenannte Philosophie blanker Unsinn ist.

     

    Die "Geheimwissenschaft im Umriss" - ein zentraler Text der Anthroposophie - hat mir gereicht. Steiner blaht hier in extremer Breite nicht nachvollziehbares - die einzige Rechtfertigung ist "ich habe dies in hoeheren Welten erschaut" (und nicht etwa, wie Kritiker sagen, bei anderen Okkultautoren abgeschrieben). Anderen werden solche visionaeren Erfahrungen nicht zugestanden: Man solle vor eigenen Schauversuchen erst mal gruendlich Steiners Schriften studieren.

     

    Steiner fuehrt Beispiele aus Biologie und Medizin an, die die Naturwissenschaften angeblich nicht recht erklaeren koennen, und die sich dagegen durch Steiners geheimwissenschaftliche Konzepte erschliessen wuerden. So waeren Astralleib und Aetherleib zwar unsichtbar, aber empirisch nachweisbar: Wenn einem das Bein einschlaeft, habe sich der Aetherleib mal voruebergehend entfernt.

     

    Leider hat das Buch nicht durchgaengig diesen Unterhaltungswert.

  • A
    Alekto

    Ich gebe der Autorin recht: wenigstens weiß ich bei weleda & co., daß ich mir nicht irgendwelche chemiescheiße ins gesicht schmiere - dann können die von mir aus auch weiterhin gerne kuhhörner vergraben oder meinetwegen auch nackt bei vollmond ums feld tanzen.

  • F
    flujito

    "Von Schriften, in denen er die deutsche Kultur als völkerpsychologisch höherwertig gegenüber anderen "Volkscharakteren" einstuft, hat sich der Bund der Waldorfschulen in der "Stuttgarter Erklärung" von 2007 distanziert. "

    Wow, das ging ja ruck-zuck, kaum hindert Jahre... Ich kenne auch Leute, die an Waldorfschulen arbeiten bzw. an einer Anthroposophischen (privat-Elite) Uni studieren, und ich muss sagen, deren Realitätssinn ist ein Witz - leider ein schlechter, bei dem einem das Lachen vergeht. Wozu Aufklärung, wozu verifizierbare Wissenschaft, wenn man mit einem Gefühl im Bauch und dem richtigen Draht zu Engeln und Geistwesen seine fehlende rationale und kritische Fähigkeit umgehen kann. Dass in der TAZ ausschließlich verharmolsende Artikel erscheinen, sagt viel über die grün-liberalen Latte-Macchiatto Fraktion. Wäre doch auch mal interessant, über die irrationalen, esoverschwurbeltenen und dabei sehr geschäftstüchtigen Praktiken dieses Vereins sowie über dessen Einfluss zu lesen. Aber da würde anscheinend eine beachtlicher Teil der Stammleserschaft vergrault.

    Ich werde weiterhin Kartoffeln essen und so weiterhin ein (historisch)materialistisches und selbstreflektiert-kritisches Bewusstsein pflegen.In diesem Sinne: Kartoffeln gegen Namentanzen

    OOOOOOOOOOOOOhhhhhhhhhhhmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmm

  • IL
    immo lünzer

    Dr. Rudolf Steiner hat zahlreiche - nachhaltig wirkende und konkrete Konzepte - für die Zukunft impulsiert.

    Doch seine eigentliche Mission für eine praktische und moderne Arbeit mit Reinkarnation und Karma (selbstbestimmtes Karma) ist bis heute leider noch zu wenig erkannt und umgesetzt worden.

    Steiners wichtigster Impuls war der für eine individuelle und zeitgemäße Karmakultur - d. h. für ein weitgehend selbstbestimmtes Schicksal!

    Übrigens: Steiner ist nicht am 25.2., sondern am 27.2.1861 geboren.

  • SB
    serena bertini

    leider schafft es die autorin auch nicht, über den üblichen stereotypen tenor, den die meisten artikel über und zu rudolf steiner aufweisen, hinauszukommen: langweilig, abgedroschen und letztlich unmutig, weil vertane chance! der aufbau über die drei Ws (wala, weleda, waldorf), ein bischen eurythmie und landwirtschaft. ach ja, der kosmos und die geistige idee, nebenbei und "verkürzt gesagt" erwähnt. für den rassismus-vorwurf gehts dann doch etwas ausführlicher. und dann die grandiose feststellung, dass man kein anthroposoph sein muss, um die produkte und medizin in anspruch zu nehmen. mein gott nina apin, das können sie besser und den taz-leser/innen können sie etwas mehr anspruch zukommenlassen. ein bischen mehr mühe hätte sich gelohnt. - ich mag übrigens gar nicht daran denken, wie der freund sich heute verfolgt fühlen würde, wenn er auf eine turbo-g8-schule hätte gehen müssen. aua! der artikel ist einfach nur daneben.

  • A
    Axel

    @ Archibald Duoglas

     

    Also diese Erfahrung von Zitat:...nach meiner Erfahrung haben die Absolventen vor allem der deutschen Waldorfschulen ganz im Gegenteil zur Selbstwahrnehmnung einen unsozialen egoistischen Schlag...

     

    kann ich nicht nachvollziehen. War selbst Waldorfschüler und werde eher als Sozial Kompetent angesehen. Egoismus hat jeder "Regelschüler" den ich kenne genau so. aber meine Selbstwahrnehmung ist wohl genau so subjektiv wie Ihre Meinung die sie hier allgemein kund tun.

     

    Denken Sie mal darüber nach!

     

    ps: Entschuldigen Sie etwaige Rechtschreibfehler war ja schließlich Waldorfschüler ;)

  • DG
    Dod Grile

    Also bitte:

    "Die neue Geisteswissenschaft umfasste eine Kunst und (christliche) Metaphysik."

    Entweder "Geisterwissenschaft", oder doch zumindest den Ausdruck mit Anführungszeichen - gegen Steiners obskur-rassistisches Sektierertum (Atlantiker? Farbenlehre?) ist ja schließlich selbst Guttenbergs Dissertation noch hochwissenschaftlich.

  • S
    Simon

    Was ich immer schade finde, ist, dass sich in solchen Artikeln immer auf einige kleine Sachen und Sätze Rudolf-Steiners gestürzt wird (Kartoffeln = Materialismus; Fßball = böse etc.) obwohl das kaum Einfluss auf die realen Auswirkungen der Anthroposophie hat. Viel wichtiger fände ich einmal, zu erkennen und zu beschreiben, was Demeter, Waldorfschulen und Naturkosmetik in dieser Welt bewirkt haben... all diese Ideen (Ökologie, individuelles Lernen) sind heute Schick und (fast) jeder Pädagoge wird ihnen sagen, dass Individualität und praktisches Lernen in der Schule wichtig sind. Wenn dann aber Rudolf Steiner zitiert wird, ist das böse, obwohl er exakt das gesagt hat was heute ein Manfred Spitzer und Co. sagen.

     

    So ähnlich geht es leider vielen berühmten Persönlichkeiten. Beispiel Marx: heutzutage ist Kapitalismuskritik modern, aber sobald Marx zitiert wird, ist man böser Stalinist, ähnlich ergeht es Rudolf Steiner und der Anthroposophie.

  • JK
    Jensen Knie

    Das klingt ein bisschen so als waere der Lebensgefaehrte dem Teeniealter noch nicht ganz entwachsen. Jedenfalls laesst er das vermissen was einen erwachsenen Menschen vom heranwachsenden unterscheidet: eine gesunde Portion Reflektiertheit und Distanz zu dem was man in Kindheit und Jugend erlebt hat. Spaetpubertaer koennte man die Scheinrebellion auch nennen.

  • AD
    Archibald Duoglas

    Seit meiner Studienzeit erst, kenne ich Dr. Steiner, er hat seinen Doktor redlich verdient mit einer Arbeit über Goethe, und bin der Meinung, dass mehr Licht als Schatten bei ihm zu finden ist. Eins seiner größten Verdienste ist vielleicht den Idealismus, also den Geist oder das nicht materiell fundierte Weltbild, aus dem Verlies der Theosophie befreit zu haben, er lebte zwar auch noch im Penthouse der Kantianer, aber da hatte das Volk nichts von ihm. Mit der Anthroposophie ist der Idealismus (als Gegensatz zum Materialismus) frei zugänglich geworden. Herrlich auch die Möglichkeit Animist und Schamane zu sein und nicht unbedingt in die Klappse zu müssen, alles auch sein Verdienst...Wovon ich mir wesnetlich mehr wünschen würde in unseren Städten wäre Steiners Architektur, ach, wir würden aufleben. Von den Waldorfschulen halte ich dagegen wenig, denn nach meiner Erfahrung haben die Absolventen vor allem der deutschen Waldorfschulen ganz im Gegenteil zur Selbstwahrnehmnung einen unsozialen egoistischen Schlag. Was aber zeigt, wie weit man noch von Dr. Steiners Weg entfernt ist.

  • T
    Tamara

    Ich habe selbst eine Waldorfschule besucht und kann nicht sagen, dass es mir geschadet hätte. Im Gegenteil.

    Was die pädagogischen Erfolge angeht: 1. Jede Waldorfschule an sich ist anders und wird sehr stark von Lehrern und Schülern/Eltern geprägt; 2. Wird die Pädagogik quasi von Menschen umgesetzt, die auch nicht frei von Fehlern sind.

  • J
    Janien

    Das Weltbild Steiners ist bizarr, die praktischen Auswirkungen nicht unproblematisch. Aus meinem Bekanntenkreis kenne ich Beispiele, die feststellen mussten, dass die Waldorfpädagogik viele leere Versprechen abgibt und nicht unbedingt zum Start in ein gelingendes Leben beiträgt...