Rudolf Balmer über die Enthaltung der MélEnchon-Wähler: Gefährlich schlechte Verlierer
Diese Suppe ess ich nicht“, schmollen in Frankreich viele enttäuschte Linkswähler, vor allem aus dem Lager von Jean-Luc Mélenchon. Sie sind über den Ausgang der ersten Runde der Präsidentenwahl so frustriert, dass sie den zweiten lieber boykottieren wollen. Zwischen Marine Le Pen und Emmanuel Macron entscheiden zu müssen ist für sie eine Wahl zwischen „Pest und Cholera“. Keine Stimme für Le Pen, sagen sie zwar. Doch, um das auch zu erreichen, für Macron zu stimmen kommt für sie nicht infrage. Sie machen sich so zu Zaungästen, die das Geschehen rechthaberisch kommentieren. Gerade so, als wenn sie das nichts anginge!
Die linke Kritik am Programm von Emmanuel Macron ist mehr als berechtigt, auch ist die Enttäuschung der WählerInnen der ausgeschiedenen Kandidaten Mélenchon, Hamon, Poutou oder Arthaud verständlich. Doch bei dieser Stichwahl gibt es keine andere Alternative zu Le Pen als Macron. Alles andere ist Selbstbetrug. Die scheinbare Neutralität des „Weder Le Pen noch Macron“ ist eine resignierte Kapitulation. Zuerst zur radikalen Veränderung auf die Wahlen setzen und dann passen, weil das Resultat nicht den Hoffnungen entspricht, heißt, schlechte Verlierer zu sein und kurz vor der Entscheidung mit der Faust im Sack die Arena zu verlassen. Wer jetzt in dieser die Wahl boykottiert, verschenkt ein einfaches Mittel, der extremen Rechten eine massive Absage zu erteilen. Natürlich reicht das nicht, um sie nachhaltig zu bekämpfen.
Wer resolut soziale Errungenschaften gegen die drohende Machteroberung durch die extreme Rechte, aber auch gegen einen neoliberalen Sozialabbau verteidigen will, wird dies zweifellos unter einer Regierung von Macron ungehindert tun können – und müssen. Genau diese so teuer erkämpfte demokratische Freiheit ist jedoch durch Marine Le Pen sehr ernsthaft bedroht. Die beiden mit der Wahlverweigerung auf dieselbe Stufe zu stellen ist absurd und gefährlich.
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