Rudolf Balmer über den französischen Präsidentschaftskandidaten: Fillon auf der Rutsche
Der konservative Präsidentschaftskandidat, François Fillon, steckt mit beiden Füßen tief im Sumpf einer Finanzaffäre, die schon so manchem anderen Politiker zum Verhängnis geworden ist. Und je nervöser er in seinem Selbsterhaltungstrieb zu seiner vermeintlichen Verteidigung zappelt, desto weiter versinkt er. Mit diesem dramatischen Schauspiel mit dem scheinbar langweiligen und tristen Fillon hatte man in Frankreich wirklich nicht gerechnet. Die zynischen Zuschauer applaudieren: Merci l’artiste!
„Panik bei Fillon“ oder „Wie lange kann Fillon sich halten?“ lauten die Titelzeilen der französischen Zeitungen, die oft bereits schon davon ausgehen, dass hinter den Kulissen ein geeigneter Ersatzmann gesucht wird. „Gebt mir 15 Tage“, hat François Fillon in einer internen Parteisitzung in der ungewissen Hoffnung gebettelt, dass sich für ihn und seine Präsidentschaftskampagne noch alles zum Guten wenden werde.Zwar ist es durchaus möglich, dass die Justiz am Ende die Ermittlungen mangels stichhaltiger Beweise für eine mutmaßlich inexistente Arbeit von Penelope Fillon als Parlamentsassistentin einstellt. Als zukünftiger Staatspräsident ist ihr Gatte aber bereits diskreditiert. Und die Franzosen haben nach der Erfahrung mit Nicolas Sarkozy keine Lust, einen Staatschef zu wählen, der seine Zeit damit verschwenden muss, den Verdächtigungen zu dementieren.
Unglaublich ist dieses französische Feuilleton aber trotzdem. War Fillon so naiv oder im Gegenteil so unverfroren, dass er dachte, alles sei heute vergessen und vergeben, was vorgestern zur heimlichen Finanzierung der Politik gang und gäbe war. Er macht es den Populisten leicht, die mit dem Slogan „Jagt die Bisherigen zum Teufel!“ die Hindernisse auf ihrem eigenen Weg an die Macht beseitigen wollen. Marine Le Pen legt in den Umfragen mächtig zu. Auch das hätte ein Mann, der Präsident werden wollte, voraussehen und bedenken müssen.
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