piwik no script img

Ruderin im PorträtDie Tante am Rande

Endlich Olympische Spiele ohne Birgit Fischer. Aber nur fast, denn die 46-jährige ist in Peking und feuert ihre Nichte Fanny an.

Fischer vorne. Diesmal ist's die Fanny. Bild: ap

Birgit Fischer kommentiert, Fanny Fischer paddelt. Und das erfolgreich. Als Erste im Vorlauf ist die Nichte von Birgit mit ihrem Kajakvierer ins Finale eingezogen. Auch im Zweier mit ihrer Partnerin Nicole Reinhardt hat die 21-jährige Doppelweltmeisterin beste Chancen auf eine Medaille bei den Spielen in Peking.

Am liebsten würde Birgit Fischer wohl ihr Mikrofon wegwerfen und ein Paddel an sich reißen und es ihrer Nichte gleichtun. Sie hat sich diese Möglichkeit lange offengehalten. Im Sommer des vergangenen Jahres dachte die 46 Jahre alte Fischer laut über ein Comeback nach - wieder einmal.

Und das während der Weltmeisterschaften in Duisburg, in denen die deutsche Kanu-Elite neunmal den obersten Podestplatz erklomm. Sechs Silber- und zwei Bronzemedaillen kamen hinzu. "Ich danke allen Athleten, dass sie uns Trainer nicht im Stich gelassen haben", sagte Cheftrainer Reiner Kießler.

Eine, die die Trainer nicht im Stich gelassen hat, war Fanny Fischer. Im Duett mit Nicole Reinhardt holte die heute 21-Jährige WM-Titel über 200 und 500 Meter. Die Zeit von Tante Birgit schien vorbei.

Nur Fischer selbst sah das anders. "Ich fühle mich nicht gerade mit offenen Armen empfangen", klagte die mit achtmal Gold und viermal Silber erfolgreichste deutsche Olympionikin aller Zeiten. So eine muss man doch wie eine Kriegsheimkehrerin empfangen. Dachte Fischer. Und meldete sich Jahr für Jahr wieder an beim Verband für das Dopingkontrollsystem. So hielt sich die Brandenburgerin die Comeback-Tür offen.

Doch keiner schien sie haben zu wollen. Der Verband zog gar den Meldeschluss für das Kontrollsystem vor. Angeblich, ohne es Fischer mitzuteilen, doch die bekam es raus - und ließ sich fristgerecht auf die Liste setzen. Für die nicht älter werden wollende Fischer, die schon einmal vor Athen 2004 von einem Rücktritt zurückgetreten war, hätte eine junge Starterin aus dem Boot steigen müssen. Dabei hatten beide Besatzungen gerade WM-Gold errungen.

Im Februar gab Birgit Fischer bekannt, dass sie nicht als Aktive zu den Olympischen Spielen reisen wird. Fanny, die 2005 noch gemeinsam mit ihrer Tante Medaillen errang, wird es vermutlich recht sein. "Es geht in den Fragen immer nur um Birgit, und da tut Fanny mir schon manchmal leid", sagte ihre Teamkollegin Reinhardt. "Sie ist doch ein anderer Mensch." Anscheinend ein ganz anderer: Auf die Unterschiede zwischen den beiden angesprochen, antwortete Kießler: "Fanny ist von ihrem Wesen her so freundlich und erfrischend, dass es gar nicht zu vergleichen ist." Birgit Fischer hat recht. Das klingt wahrlich nicht nach offenen Armen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!